Als mir im Jahre 2008 erstmals der Bandname KISSIN‘ DYNAMITE unter die Nase kam, dachte ich nur: „Wer ist das denn? Warum wird eine völlig unbekannte Band so hochgelobt? Und wie zum Teufel sind die 15-16-jährigen Jungs an einen Labeldeal mit EMI gekommen?“. Nachdem ich ihr Debut „Steel Of Swabia“ gehört hatte, wusste ich die Antworten darauf. Diese fünf Halbwüchsigen brachten eine Energie, einen unglaublichen, frisch und frei rockenden Elan rüber, wie ich ihn schon lange nicht mehr gehört habe. Dazu gesellt sich ein Händchen für professionelles Songwriting, das die Kerle offensichtlich mit der Muttermilch aufgesogen haben. Dass EMI sich ihre Dienste gesichert hat, ist wiederum ein kluges Händchen für das Signing einer verheißungsvollen Nachwuchsband.
Nur anderthalb Jahre nach dem großartigen Debut, legen KISSIN‘ DYNAMITE nun bereits nach und bringen „Addicted To Metal“ auf den Markt. Ich bin sehr gespannt, ob sie ihren hohen Standard des Vorgängers werden halten oder sogar noch übertreffen können.
Das behämmern eines Amboss, mit dem der Titeltrack beginnt, erinnert mich an die guten, alten Anvil. Auf jeden Fall ist der Einstieg in das Album astreiner Heavy Metal. Vom Stil liegt der Song irgendwo zwischen 80er-Accept und Judas. Der Gastbeitrag mit Udo Dirkschneider als Co-Sänger ist ganz nett, aber eigentlich nicht wirklich notwendig, da Hannes seinem Organ inzwischen auch einen ähnlichen Stimmklang geben kann.
KISSIN‘ DYNAMITE präsentieren sich also teilweise noch eine Spur heavier, als auf ihrem Debut. Das Gros der Songs gehört dennoch dem knackigen Hardrock, der schon auf „Steel Of Swabia“ zu begeistern verstand. Das supereingängige „Run For Your Life“, der flotte Rocker „Supersonic Killer“ oder das energetische „Love Me Hate Me“ sind wieder ausgezeichnete Aushängeschilder des hervorragenden Songwritings der Jungspunde.
Dazu komponieren KISSIN‘ DYNAMITE aber auch noch vielschichtig. Ungewöhnlich düster angehaucht – fast mit leichten Dark-Metal-Einflüssen – ist „Hysteria“. Nur beim Höhepunkt wird der Track gewohnt locker-rockig. Fast eine Weiterführung des direkten Vorgängers ist „All Against All“ – sehr vielschichtig wartet er dann sogar mit einigen progressiven Bombast-Elementen auf. Ich fühle mich ein wenig an Symphony-X-Kompositionen erinnert. Die Nummer wird auch sehr schnell zu meinem persönlichen Album-Favoriten. Bei „Why Can’t You Hear Me“ bekommt die gefühlvolle Seite des Songwritings ihren Auftritt. Nicht gerade mein Lieblingssong, aber angesichts der sonst so energetischen Performance des Fünfers erstaunlich gut gemeistert.
Auch der gestandene Heavy Metal darf sich noch zweimal zu Wort melden. „In The Name Of The Iron Fist“ ist ein klasse tiefgründiger Stampfer nach U.D.O.-Manier. Ich wundere mich, dass uns Udo hier nicht seinen Gastbeitrag ablieferte. Aber wie ich schon sagte: Hannes schafft solche Vocals auch, was er hier beweist. Und das Album-abschließende „Metal Nation“ ist das, was man gemeinhin als Metal-Hymne bezeichnet. Ein würdiger Rausschmeißer und die mitreißende Live-Nummer schlechthin.
Was sich die Jungs gerne hätten sparen können, ist die Coverversion von Damn Yankees‘ „High Enough“. Das passt mit der AOR-lastigen Ausrichtung nicht so ganz zum dynamischeren Touch von KISSIN‘ DYNAMITE. Auch fehlt hier in Hannes‘ Stimme, trotz aller Mühe, die er sich gibt, der richtig emotional-pathetische Einschlag des Damn-Yankees-Sängers Tommy Shaw.
KISSIN‘ DYNAMITE agieren auf „Addicted To Metal“ wieder hochklassig. Gegenüber dem Vorgänger-Album konnten sie sogar noch zulegen. Vor allen Dingen fällt das abwechslungsreichere Songwriting auf, das eine angenehme Vielfalt einbringt. Die Richtung für unsere schwäbischen Nachwuchsrocker geht weiterhin strikt aufwärts. Ich bin wirklich mal gespannt, wo die noch irgendwann landen werden. Natürlich legen sie ihre eigene Messlatte ganz schön hoch. Aber es wird ihnen sicherlich eine Herausforderung sein, diese auch beim nächsten mal wieder so konsequent zu überspringen.
„Addicted To Metal“ sollte in keiner Sammlung eines Anhängers des traditionellen Hardrock oder Heavy Metal fehlen!
Wertung: 8.5 / 10