Ja ja, hiss boo, ich weiß, es ist irgendwie mittlerweile zum Klischee verkommen, dass gerade Leute, die sonst normalerweise mehr mit Metal der extremeren Spielarten zu tun haben, plötzlich AMY MACDONALD total toll finden. Irgendwie sieht das dann wie umgekehrte Massenhysterie aus, irgend jemand fängt an, alle machen mit. Ich fand die Frau allerdings schon toll, als ich noch keine Ahnung hatte, dass das jedem anderen auch so geht, nämlich direkt nachdem ich irgendwann mitten in der Nacht irgendwo im Auto saß und auf jemanden gewartet habe und in just diesem Augenblick „This Is The Life“ im Radio gespielt wurde. Da war’s direkt um mich geschehen und ohne überhaupt nur ein weiteres Lied der guten Frau zu kennen, versuchte ich hartnäckig, irgendwie die CD zu einem bezahlbaren Preis über eBay zu bekommen (und wer mich kennt, der weiß, dass für mich ein bezahlbarer Preis irgendwo unter fünf Euro liegt… letzten Endes kostete sie mich aber etwa das Doppelte). Hier sitz ich jetzt also, halte das gute Stück (das sich in meinem CD-Schrank normalerweise zwischen Amorphis und Anaal Nathrakh herumtreibt, da muss die Frau sich ja wohl fühlen) in den Händen, hab’s schon dutzendfach im Player rotieren lassen und muss jetzt mal ein paar Worte dazu loswerden.
Ja mei, AMY MACDONALD ist gut, da gibt’s gar nichts dran zu rütteln. Die Musik der jungen Dame aus Schottland ist keine stilistische Offenbarung oder sonst irgend etwas, das die Welt zu einem besseren Ort machen oder Krebs heilen würde oder so, auf ihrer ersten CD haben wir’s einfach nur mit 39 Minuten ehrlicher, unterhaltsamer, gitarrenorientierter Popmusik zu tun. Schöne, manchmal recht melancholische Melodien, nette Instrumentalisierung (manchmal etwas minimalistischerer Natur, manchmal – wie die Besetzungsliste andeutet – recht pompös), der einwandfreie Gesang von Madame Macdonald (ich mag ihren Akzent wirklich echt gern), da passt eigentlich alles recht gut zusammen. Und noch dazu ist der Spannungsbogen der einzelnen Stücke in den meisten Fällen extrem vorbildlich geworden.
Gut, das recht gleichförmige „This Is The Life“ gehört jetzt vielleicht nicht zu den Vorzeigestücken (auch wenn es mir wohl mit am Besten von der CD gefällt), aber vor Allem das mit einem genialen Trompetenpart einsetzende „Let’s Start A Band“, der coole Refrain von „Youth Of Today“ oder das eher getragene „Footballer’s Wife“, die Songs halten den Hörer einfach bei der Stange, packen ihn richtig und lassen ihn so schnell auch nicht wieder los. Toll, das.
Aber wo Licht ist, da ist auch Schatten. Und wenn ich jetzt auf etwas deuten müsste, was mir an AMY MACDONALDS erster CD nicht gefällt, ja verdammich, dann sind das die Texte. Versteht mich nicht falsch, die gute Frau schlägt sich in ihren Songs mit wichtigen Themen herum, Obdachlosigkeit, soziale Ungerechtigkeit, Generationenkonflikt, was weiß ich noch alles. Aber die Art und Weise, wie sie ihre Texte geschrieben hat, stoßen mir teilweise einfach sauer auf. Hin und wieder trifft sie mal den richtigen Ton, aber viel zu oft schwingt in ihrer Lyrik das Anbidern an längst vergangene Popkultur („Footballer’s Wife“) oder aber auch Rebellion der dümmlichen Sorte, nämlich ohne Sinn und Verstand, sondern um des Aktes der Rebellion willen („Youth Of Today“… der Vorsatz ist nicht übel, aber die einseitige Art, auf die Macdonald das Thema anpackt, vergrätzt mir fast den ganzen Song), oder wo wir gerade dabei sind einfach hin und wieder ein wenig zu aufgesetzte Rock’n’Roll-Atitüde („Let’s Start A Band“, „Mr. Rock & Roll“)… Ich weiß nicht, ob Macdonald diese Parts jetzt schrieb, weil sie wirklich so denkt, oder um irgend welche Zielgruppen gezielt anzusprechen, ich tendiere persönlich eher zu zweiterem, weil es stellenweise wirklich arg aufgesetzt und unnatürlich klingt (und damit in herbem Kontrast zur richtig „organischen“ Musik steht), ein (wenn auch recht moderates) Armutszeugnis ist jede der beiden Möglichkeiten.
Glücklicherweise sind aber halt doch auch ein paar… sagen wir mal „ordentliche“ Texte mit an Bord und die Musik weiß sowieso quasi zu jeder Zeit zu überzeugen, so dass „This Is The Life“ trotz der angesprochenen Kritikpunkte doch eine unterhaltsame Angelegenheit ist, ich hoffe nur, dass Miss Macdonald in der Hinsicht auf dem Nachfolger bessere Arbeit leisten wird.
Wertung: 7 / 10