Proghma-C sind nicht unbedingt ein beschriebenes Blatt.Nach eigenen Angaben 2002 gegründet, hat die polnische Gruppe eine nicht über ein Label veröffentlichte EP im Jahre 2005 rausgehauen und konnte erst 2009 über Mystic Production ihren ersten Longplayer veröffentlichen: Bar-do Travel. Und vorweg: Mit diesem Debüt können sie sich sehen lassen.
Das schmucke Cover lässt mit Gestaltung und Motiv Doom vermuten und völlig falsch liegt man damit nicht. Aber primär hat man es hier mit einem progressiven, experimentellen Stilmix zu tun in dem sich weit mehr findet als Doom.
Eine bloße Auflistung der Elemente die man im ersten Song findet, ist beeindruckend: Da sind Rhythmiken und Riffs im Stile Meshuggahs, hypnotische Instrumentalpassagen, wie sie Opeth in Deliverance oder Harlequin Forest bieten, Songwriting das stark an Tool erinnert, düstere Atmosphären, markante Melodiebögen im Gesang, old-school Gitarrensolos, funkige Riffs, Shouting im Stile der populären „Post-Metal“-Bands, experimentelle Synthesizer- und Effektspielereien, eine technische Fertigkeit die über jeden Zweifel erhaben ist und eine überraschend druckvolle Produktion. Im weiteren Verlauf des Albums finden sich dann unzählige weitere Elemente, die einem enormen Entdeckungsspielraum bieten.
Zwei Kritikpunkte die sich vor allem durch die erste Hälfte des Albums ziehen, finden sich dann aber auch sehr schnell: Die Rhythmik, insbesondere die des cleanen Gesangs, wirkt teilweise arg forciert und noch nach zahlreichen Hörgängen unnötig und unangenehm befremdlich. Auch das Schlagzeug erweckt in seltenen Momenten den Eindruck, so gezielt auf Komplexität gespielt worden zu sein, dass der Groove zurückstehen musste. Hand in Hand damit geht das teils unorganische, schwer nachvollziehbare Songwriting. Man gewinnt den Eindruck, die Truppe wollte um jeden Preis progressiv sein und ließ sich so dazu verleiten dem Hörer teils sehr absurde und befremdliche Stimmungswechsel um die Ohren zu hauen. In einer Zeit in der dieses Phänomen immer häufiger wird, ist Proghma-C allerdings einer der harmlosesten Vertreter.
Ein paar cleane Gitarrenpassagen, manche Melodien im Gesang und Formen des Spannungsaufbau tauchen immer wieder auf, was schade ist, insbesondere da die Band im Grunde sehr weitreichend ihre Fähigkeit, alte Zutaten zu wirklich innovativen Klängen zu verarbeiten, beweist.Nach etwa der Hälfte des Albums tauchen diese Kritikpunkte aber kaum noch auf und der interessanteste Teil der Musik tritt stärker in den Vordergrund.
Besonders die hypnotische Atmosphäre, oder Trance, hebt die Band in ihrem Internetauftritt hervor und tatsächlich findet sich darin auch ein rotes Band, welches sich durch das Album zieht. So lässt einen das Hören dann des Öfteren träumend, melancholisch oder deprimiert zurück. Wer sich allerdings an den endlosen Instrumentalpassagen stößt könnte auch mit Kopfschmerzen zurückbleiben, denn die sind hier keine Ausrutscher sondern Konzept. Im Übrigen soll damit auch der vielleicht entstehende Eindruck zurückgewiesen werden, man habe überall geklaut, aber nichts erschaffen. Einzigartig sind die Polen durchaus, gerade die Konsequenz mit der sie diesen Trance-Effekt anstreben und erreichen, hebt sie wirklich von der Masse ab.
Egal ob man den Opener „Kana“ nimmt, oder das Anfangs an diverse Vertreter der Frickelbrigade erinnernde Instrumentaloutro zu „Spitted Out“ – jeder Track hat seine ganz eigene Note, doch das Album wirkt in sich schlüssig und die Kernaspekte – allen voran der Rhythmus – sind überall zu finden. So fällt es auch schwer einen Anspieltipp zu geben. Der Opener wirkt überwältigend in seiner schieren Vielfalt, „FO“ ist musikalisch deutlich straighter und eingängiger, „So Be-live“ hat einen relativ starken Post-Metal-Einschlag und selbst das Björk-Cover am Ende ist so konsequent im Stil der Band intoniert, dass es einem einen Eindruck von dem Album vermitteln kann. Dennoch würde ich nach Möglichkeit zu „Kana“ und „Naan“ raten, die Songs scheinen mir am repräsentativsten für die Musik und die Entwicklung des Albums.
Es gibt wenig gute Vergleiche, um die Musik von Proghma-C zu beschreiben. Es finden sich Elemente von unzähligen Bands, aber wirklich aussagekräftig wäre eine Aufzählung hier auch nicht. Glücklicherweise schafft heute wie immer das Internet mit frei zugänglichem Hörmaterial Abhilfe und es sei allen Interessierten [und insbesondere Fans von Tool] angeraten ein wenig Zeit zu investieren, denn hier handelt es sich zweifelsohne um eine vielversprechende Band.So gibt es dann, mit Abzügen für die Schnitzer im ersten Teil des Albums, immernoch 7 Punkte.
Redakteur: Dario E.
Wertung: 7 / 10