Manchmal kann ich ziemlich nervig sein, zum Beispiel, wenn ich Leuten um jeden Preis Musik nahelegen will, die ich unheimlich toll finde. So habe ich wohl schon einige Freunde vergrault, nachdem die Ukrainer von Mournful Gust ihr neustes Album „The Frankness Eve“ herausgebracht hatten, denn ich musste quasi jedem Bekannten und auch noch deren Hunden erzählen, wie toll ich diese CD finde. Das aber nur am Rande, eigentlich war ich nämlich auch ziemlich aus dem Häuschen, als ich merkte, dass Mournful Gust Sänger/Aragorn-Look-Alike Vladislav Shahin nicht nur in einer bei Solitude Productions gesignten Doomdeath-Band singt, sondern in gleich zweien. Und die zweite, AUTUMNIA, in absehbarer Zeit auch eine neue CD auf den Markt werfen würde.
Die heißt „O’Funeralia“ und ich halte sie gerade in den Händen. Nein, eigentlich nicht, eigentlich dreht sie sich in meiner Stereoanlage, aber der Gedanke ist mehr oder weniger der gleiche: Sie ist in meinem Besitz und da will ich doch zur Feier des Tages ein paar Worte über das hübsche Ding verlieren.
Zum Beispiel, dass es ein wirklich hübsches Ding ist. Ein sehr stimmungsvolles Coverartwork begrüßt uns, eine grünstichige Fotografie einer Engelsstatue, irgendwo im Wald oder so (zumindest glaube ich die schwarzen Schatten links und rechts als Bäume zu erkennen), im hübsch aufgemachten Booklet werden die Texte dann von weiteren Aufnahmen des einen oder anderen Begräbnisortes (ein Friedhof, ein Steinsarg in einer Krypta und ein eingewickelter Leichnam auf einem Boot… alles mächtig duster) unterlegt. Und auf der Rückseite der Silberscheibe selbst findet sich wieder dasselbe Detail, das schon „The Frankness Eve“ irgendwie etwas cooler machte als vergleichbare CDs: das Bandlogo in den freien Platz der CD gefräst. Cool.
Auch innerlich schlägt „O’Funeralia“ sich absolut nicht schlecht, also von musikalischer Seite gesprochen. Der Opener „In Heavens… Among the Tombs“ legt zwar etwas zögerlich los (zu wenig Gefühl, zu viel klassischer Doom), aber schon „Blessing Your Illness“ kann mit seinem extrem düsteren Anfang und den klaren Vocals im Refrain mächtig punkten. Beide übrigens Songs mit Überlänge, abgesehen von dem quasi komplett vom Piano getragenen Interludium „Falling Asleep With Entreaty“ überschreitet noch jedes Lied die 10-Minuten-Marke. Value for Money ist also auch drin. Stimmt eigentlich irgend was nicht an der CD?
Vielleicht. Möglich. Ich kann selbst nicht genau mit dem Finger drauf deuten, vielleicht hatte ich wegen „The Frankness Eve“ auch zu viel vom Herren Shahin erwartet, aber irgendwie will „O’Funeralia“ mich nicht so richtig packen. Versteht mich nicht falsch, das langsame (aber etwas monotone) Drumming, die saubere Gitarrenarbeit, der tolle Gesang von Shahin und die gelegentlichen Geigenpassagen (es ist unglaublich, aber AUTUMNIA schaffen es – trotz Verwendung einer Geige – quasi nie wie My Dying Bride zu klingen) sind gut. Verdammt gut sogar. Das Zeug hört sich prima und macht auch eine Menge Spaß. Aber wirklich packen will die Musik mich nur in den wenigsten Augenblicken. Diese geradezu überirdische Schönheit, die mitzureißen vermag, zeigt sich hier hin und wieder, am Anfang und Ende von „Blessing Your Illness“ zum Beispiel, oder im letzten Teil von „By The Candles Obsequial“ (kann mir irgend jemand verraten, woher man diese geisterhaften weiblichen Choreffekte bekommt, die da auftauchen? Die sind großartig…) und wenn AUTUMNIA zupacken, dann mit einer geradezu bewundernswerten Handfertigkeit und Konsequenz, aber es hätte einfach mehr von diesen Momenten gebraucht.
Trotzdem ist „O’Funeralia“ für Genrefans eine tolle Sache. Die vier überlangen Doomdeath-Tracks mit mittelschwerer Begräbnis-Attitüde und das ruhige Intermezzo bringen es zusammen auf ungefähr 49 Minuten, die man immer mal wieder gerne mit der mittlerweile dritten CD des ungarischen Duos verbringt. Einen Platz auf dem Olymp gewinnen sie damit zwar nicht, aber sie sind ziemlich dicht dran.
Wertung: 8.5 / 10