Review Orphaned Land – The Never Ending Way Of ORwarriOR

Vor nun mehr 19 Jahren wurden im fernen Israel ORPHANED LAND von Frontmann Kobi Farhi aus dem trockenen Boden um Petah Tikva, einer der größten Städte des Landes, gestampft. 1994 erblickte das Debüt „Sahara“ das Licht der Metalwelt und konnte auch über die Landesgrenzen hinaus für Aufmerksamkeit sorgen. Es folgte mit „El Norra Alila“ die letzte Scheibe für Holy Records, ehe die Israelis sich aus den zahlreichen Angeboten – unter anderem von Nuclear Blast und Century Media – für einen Vertrag bei letzterer Plattenfirma entschieden. Das Label mit Sitz in Dortmund fand Gefallen an der progressiven Mischung aus (Melodic) Death- und Doom Metal, gepaart mit orientalischen Einflüssen, und veröffentlichte deshalb 2004 ORPHAND LANDs Label-Einstand „Marbol“, der in der nationalen und internationalen Fachpresse in höchsten Tönen gelobt wurde. Nicht gerade klein waren die Erwartungen nun deshalb an den neuesten Export aus Israel, der auf den Namen „The Never Ending Way Of ORwarriOR“ getauft wurde.

Wieder mit allerhand traditionellen Instrumenten aus dem Nahen Osten im Schlepptau, hat sich die Truppe dieses Mal Steven Wilson (Opeth, Porcupine Tree), der gleich noch einige Keyboard-Passagen beisteuerte, für die Produktion und Veredelung des neuen Silberlings ausgesucht.Wer schon ein wenig in die Materie ORPHANED LAND eingedrungen ist, vermutet es ohnehin und allen anderen sei zum besseren Verständnis der Scheibe gesagt, dass es sich auch hierbei wieder um ein Konzeptalbum handelt.
All das nimmt mit dem Opener „Sapari“ (im vergangenen Dezember schon als Single-Auskopplung erschienen) langsam aber sicher seinen Lauf. Darauf folgt das Rauschen eines Kurzwellensenders, ehe Shlomit Levi, seit 2004 Session-Sänger und optisches Aushängeschild der Band, mit ihrer glasklaren Stimme und orientalischem Gesang einsetzt – „The Never Ending Way Of ORwarriOR“ nimmt Fahrt auf. Dem Gesang von Levi in nichts nachstehend stellt auch Frontmann Kobi sein Stimmvolumen eindrucksvoll unter Beweis. Dass er auch anders kann zeigen seine Growls, die noch ein Stück akzentuierter, kraftvoller und eindringlicher als auf dem Vorgänger daherkommen und eine perfekte Symbiose mit der ebenfalls sehr rhythmischen Arbeit der Gitarrenfraktion eingehen. Die zaubert sich von orientalisch klingenden Leads und Soli, die teilweise an an Suidakra aus dem Nahen Osten erinnern (vor allem beim Song „From Broken Vessels“), über perfekt arrangierte Akustik-Parts bis hin zu grooven Riff-Attacken.

Und weils letztendlich die Mischung macht, wechseln sich all diese Elemente mit traditionellen Instrumenten wie der Saz, Bouzouki und Oud ab, treffen auf intelligent platzierte Chorgesänge und treibende Percussion- bzw. Schlagzeugarbeit. Avi Diamond, der Mann an den Drums, nimmt während „The Path Part 1 – Treading Through Darkness“ erst Fahrt auf und zeigt mit treibenden Blasts bei „The Path Part 2 – The Pilgrimage to Or Shalem“ was alles in ihm steckt – und um zusammen mit Kobi ein weiteres Highlight der Scheibe abfeiert.
Bald darauf beweisen ORPHANED LAND mit „The Warrior“ Gespür für ein beachtliches Maß Epik, von dem sich all die weichgespülte Epic- und Power Metal-Jammerlappen aus Deutschland und Skandinavien eine ordentliche Portion abschneiden dürfen. Passend zum Titel entsteht hier beinahe schon eine orientalische Metal-Oper, die Ihresgleichen ganz gewiss sucht. Über die deutlich progressiveren „New Jerusalem“ und „Vayehi Or“ fiebert „The Never Ending Way Of ORwarriOR“ dann unaufhaltsam seinem absoluten Höhepunkt entgegen: „Codeword: Uprising“. Eine derart perfekte Kombination aus Groove, sanftem Gesang und einer unglaublichen dichten Atmosphäre darf man im folkloristisch angehauchten Metal wirklich verdammt lange suchen – und ORPHANED LAND liefern sie hiermit in höchster Güte.

Wenn euch die Folk Metal-Vertreter aus Skandinavien langsam aber sich auf den Sack gehen und ihr nichts dagegen habt, durchaus auch mit ernsthafteren Themen als „Bier und Party“ konfrontiert zu werden, riskiert stattdessen ein Ohr in „The Never Ending Way Of OrwarriOR“. Aber lasst euch Zeit dabei, hört die Scheibe erst fünf, dann 10, dann 15 Mal, denn: Man läuft schnell Gefahr, das Gesamtbild aus den Augen zu verlieren, weil praktisch jeder einzelne Song ein kleines Meisterwerk für sich ist.
Die Israelis beeindrucken und überzeugen mit ihrer Mischung aus (Melodic) Death und Doom, gepaart mit den ihnen vertrauten traditionellen Instrumenten, die einen orientalischen roten Faden durch die gesamten 78:18 Minuten Spielzeit ziehen – und dafür kann es letztendlich nur die Höchstpunktzahl geben.

Anspieltipps: „Sapari“, „The Path Part 2 – The Pilgrimage to Or Sha“, „New Jerusalem“ und „Codeword: Uprising“.

Wertung: 10 / 10

Geschrieben am 6. April 2013 von Metal1.info

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