Unerwartete Post aus Polen. Ohne Vorwarnung fand ich eines schönen Tages ein Päckchen von unseren östlichen Nachbarn im Briefkasten und staunte nicht schlecht, als mir ein paar Promos entgegen purzelten, von denen ich nicht nur noch nie was gehört hatte, sondern von denen ich mich auch fragen musste, warum die jetzt gerade an mich gegangen sind, geschweige denn woher das Label überhaupt meine Adresse hat. Aber was beschwer ich mich eigentlich? Musik für umsonst, das ist doch eigentlich immer eine erfreuliche Sache, nicht wahr?
Auch wenn es der neuste Release der Crust-Hardcore-Legende (sie prägten mit ihrer ersten Demo „Ripper Crust“ sogar diesen Begriff) HELLBASTARD namens „The Need To Kill“ ist. 1986 in Newcastle, England, gegründet machte die Band im Laufe der Jahre einige Veränderungen durch, hatte mit Lineup-Problemen zu kämpfen, schraubte ein wenig an ihrem musikalischen Stil, löste sich zwischendurch mal auf und kam dann 2007 für manch einen unerwartet zurück. „The Need To Kill“ ist jetzt also die erste Full-Length-Scheibe nach der Wiedervereinigung. Was erwartet den geneigten Hörer da wohl?
Wenig Crust, wenig Punk, viel Thrash Metal und viele Augenblicke bei denen man heftig die Zähne zusammenbeißen muss. Ich gebe zu, ich kenne den alten Kram von HELLBASTARD nicht, aber wirklich besonders viel musikalischen Crossover kann man hier nicht ausmachen. Hier und da werden mal ein paar Genrefremde Einflüsse eingestreut (das total nervige Country-Intro/Outro bei „Stop Your Whining“ zum Beispiel), der Opener „Cheyne Stoking“ ist sogar ganz und gar eine Klasse für sich… Ich weiß gar nicht genau, wie ich’s beschreiben soll, hat schon irgendwie einen naturalistischen Ethno-Touch mit ein paar fast Post-Rock-artigen Einflüssen und klingt mit den geflüsterten Passagen aus Scruffs Kehle absolut nicht übel. Beim ersten Anhören versetzte der mich sogar noch in eine Hochstimmung, das könnte ja doch was gutes werden.
Die folgenden Tracks treten dieses Gefühl allerdings mit Füßen. Völlig atmosphärefreies Gedresche schließt sich an, nervige Vocals, ein noch viel nervigerer Drumcomputer, wenn bei „My Best Friend Misanthropy“ das Geflüster aus dem Opener wieder zum Vorschein kommt macht das auch absolut keine Freude mehr, sondern ist einfach nur noch anstrengend. Neben dem eher einfallslosen Songwriting ist aber tatsächlich der völlig plastifiziert klingende Drumcomputer das größte Übel der Scheibe und schießt dem Material gnadenlos bei jeder möglichen und unmöglichen Gelegenheit in den Rücken.
Überraschenderweise ist das Teil aber dann doch nicht ganz ohne Reiz. Hin und wieder schaffen es HELLBASTARD kurzzeitig, den richtigen Ton zu treffen. „Cheyne Stoking“ zum Beispiel, das kurze Solo von „Stressed“ (das sogar mit Dual-Lead-Part punkten kann), oder aber das – abgesehen von den Vocals und Lyrics – kompetent durchgezogene „Business Pig Hole“. Auch in anderen Songs finden sich immer mal wieder kurze Augenblicke, in denen echte Kompetenz durchschimmert. Das macht aber noch lange keine gute CD aus. Vor allem nicht, wenn sie nach ungefähr der Hälfte der Zeit auch noch mit Neuaufnahmen von alten Songs auf eine so epische Länge ausgewalzt wird, dass es schmerzt.
Und so ist „The Need To Kill“ auch eine furchtbar uninteressante, teilweise sogar regelrecht nervige Sache geworden. Thrashige Raserei mit Drumcomputer klappt halt nicht so recht, wenn man dann auch noch keinen besonders guten Sänger und keine glänzenden Einfälle beim Songwriting hat, dann spricht das eh für sich. Und auch die wenigen Lichtblicke reißen da nicht mehr viel raus, obwohl’s angesichts denen irgendwo schade ist.
Wertung: 3.5 / 10