Von DALRIADA haben sicherlich noch nicht viele gehört. Das liegt einerseits daran, dass die Formation ihre ersten beiden Alben noch unter dem Namen Echo Of Dalriada herausgebracht haben. Doch noch wahrscheinlicher liegt die Ursache in der bisher eher mageren Vermarktung in Europa begründet. Nun hat sich aber das für den Vertrieb zuständige Label A Hammer Records in den Kopf gesetzt, das zu ändern und DALRIADA und auch weitere Bands aus Ungarn über die Grenzen hinweg bekannter zu machen. Im Falle von DALRIADA war das schonmal eine sehr gute Entscheidung, doch da gehe ich gleich noch genauer drauf ein.
Die Formation Echo Of Dalriada wurde 1998 in Sopron gegründet. Nach einer Demo in 2003 bekamen die Ungarn einen Label-Vertrag bei Nail Records. Dort wurden 2004 das Debut „Fergeteg“ und 2006 der Nachfolger „Jégbontó“ veröffentlicht. Nach der Umbenennung in DALRIADA in 2006 erschien ein Jahr später das Drittwerk „Kikelet“. Und Ende letzten Jahres kam das aktuelle Album „Szelek“ auf den Markt, das DALRIADA europaweit bekannt machen soll. In der Mahasz-List (die ungarischen Verkaufs-Charts) erreichte „Szelek“ bereits in der ersten Woche nach Release den zweiten Platz.
DALRIADA spielen Folk Metal. Die Lyrics handeln hauptsächlich von Geschichten, Fabeln und altertümlichen Legenden des Heimatlandes. Auch musikalisch fassen sie die ungarische (+ weitere) Folklore auf und verarbeiten sie in ihren Kompositionen. Die beiliegende Info erklärt mir, dass auf „Szelek“ mehr Folk-Melodien und -einflüsse den Weg in die Songs fanden als zuvor. Diese vorliegende Mischung aus druckvollem Heavy Metal und Folk-Anteilen würde ich aber als fast perfekt bezeichnen. Der Hörer vergisst anhand der Dynamik und des Groove niemals, dass er sich eine Metal-Band anhört und dennoch verfällt man bei den schönen und bezaubernden Melodien schonmal ins Träumen, während das Bein ganz automatisch den Beat mitwippt.
DALRIADA agieren mit zwei Sängern, einer weiblichen und einer männlichen Stimme. Beide haben einen ganz eigenen Charakter, sind ausdrucksstark und harmonieren auch gut miteinander. Der Hauptgesangsanteil liegt aber bei Laura Binder. Sehr entspannt nehme ich zur Kenntnis, dass kein Soprangeträller zu erwarten ist. Die Klangfarbe von Lauras Stimme spielt sich in mittlerer Lage ab mit der Tendenz eher zu tief. Der Gesang ist sehr klar und kraftvoll. András Ficzeks Organ fällt vor allen Dingen durch den sehr rauhen Unterklang auf.
Auf der instrumentellen Seite gibt es ebenfalls nichts zu meckern. Metal- und Folk-Seite halten sich toll die Waage. Großteils werden die folkloristischen Klänge alleine durch das Gitarrenspiel erzeugt. Traditionelle Instrumente wie Flöten, Violine und das gerne gehasste Akkordeon haben ebenfalls ihre Auftritte, werden aber nur gekonnt zur Melodieunterstützung eingesetzt und wirken niemals zu dominant. Auch die Präsenz des Keyboard ist klug arrangiert und ist in erster Linie für die epische Untermalung zuständig. Trotz eines gewissen Bombastanteils in manchen Songs wird nichts mit billig-Synthies zugekleistert. Die druckvolle, metallische Seite behält immer die Oberhand und Rhythmusfraktion und Gitarren lassen daran auch niemals Zweifel aufkommen.
Nach mehrmaligem Hören kann ich sagen, dass sich auf „Szelek“ keine Filler befinden. Die Stücke spielen sich alle auf einem sehr hohen Level ab. Dabei „leben“ sie von den Melodien, die ihre Ursprünge aus unterschiedlichen Emotionen ziehen. Ich habe versucht, Highlights herauszufischen, um dann festzustellen, es geht nicht. Irgendwie bauen die Stücke aufeinander auf, harmonisieren miteinander und verbinden sich durch diese fast einzigartige Atmosphäre zu einer großen funktionierenden Einheit.
Die folkloristischen Klänge stammen wohl großteils aus der Heimat, ganz selten wildern DALRIADA auch mal in den traditionellen Waisen anderer Völker. Bei „Mégegyszer“ beispielsweise wird – wenn ich nicht völlig daneben liege – das Thema von Greensleeves (englische Folklore) etwas verwurstelt. Aber auch diese unterschiedlichen Einflüsse ergänzen sich prima. Und wenn man sich bei „Hazaérés“ mal kurzzeitig an Finntroll oder Trollfest erinnert fühlt, dann liegt das daran, dass die dem Humppa zugrunde liegenden Rhythmen schließlich zum Teil von der böhmischen Polka herrühren.
Die Melodien – seien sie nun fröhlicher, tiefgründiger, schwungvoller oder ernster Natur – sind aber der Anteil an DALRIADAs Kompositionen, die die Band von der großen Masse abheben lässt. Ich kann mich nicht erinnern, folkloristische Klänge schon einmal so gekonnt in ein Metal-Gerüst integriert gehört zu haben. Ganz entfernt sehe ich Ähnlichkeiten zu den russischen Paganern von Arkona, was die Vereinigung von Metal und Folk angeht. Allerdings liegt Arkonas Songs russische Folklore zu Grunde und bei DALRIADA eben ungarische. Und DALRIADA sind sicherlich weniger schwarzmetallisch beeinflusst.
Es ist eigentlich eine Schande, dass man in unseren Breitengraden von dieser Band bisher noch nichts gehört hat. „Szelek“ ist eines der besten Folk-Metal-Alben, das ich in den letzten Jahren in die Finger bekam. Ich werde nichts unversucht lassen, mir auch DALRIADAs früheren Alben zu beschaffen. Ich rate jedem Anhänger des Folk-Metal: hört euch „Szelek“ an und schwärmt mit mir!
Und noch ein Tipp an das Label: ihr solltet dafür sorgen, dass man das Album bei Läden wie Ama*hust*zon ordern kann. Das hälfe sicherlich der europäischen Vermarktung ;-)
Wertung: 9.5 / 10