Mit „Saitensprung“, der 2. CD ihres größtenteils klassischen Soloprojektes, entfernt sich ANNA KATHARINA Kränzlein etwas weiter von ihren Wurzeln als bei ihrem Erstlingswerk namens Neuland. Doch nicht nur die musikalische Ausrichtung wurde etwas zeitgemäßer, auch das Band-Lineup wurde von der Geigenvirtuosin einer Frischzellenkur unterzogen. So entstand „Saitensprung“ zusammen mit Specki T.D. und Michael Ende (Letzte Instanz) und wurde von Günther Gebauer produziert, welche Curt Cress, Matthias Richter und Thomas Lindner (beide Schandmaul) ersetzten.
Das neu formierte Dreiergespann erschuf mit dem gemeinsamen Saitensprung eine wirklich gute CD mit mitreißenderen und teils auch bekannteren Melodien als der Vorgänger. Die klassischen Wurzeln und Hintergründe sind dennoch unverkennbar, wenngleich das gesamte Werk moderner und damit zugänglicher klingt, wie besonders an den ersten beiden Stücken „Captain Islay“ und „In der Halle des Bergkönigs“ deutlich wird. Später stellt sich mit den „Zigeunerweisen“ und dem „Hüttenlargo/Nuttentango/Glückskeks“ ein gewisser Loungecharakter ein und man kann sich wunderbar vorstellen, wie diese Lieder bei einem gediegenen Ambiente oder auch bei einem gemütlichen Abend zu Hause im Hintergrund laufen.
Nicht nur an diesen Stücken, sondern auch an den qualitativ hochwertigen Fotografien im Booklet, wird deutlich, dass Anna als Frau und Musikerin gereift ist. Virtuos und zielstrebig wie eh und je wirkt ihr musikalisches Schaffen, wenn sie sich Bachs Partitur in E-Dur annimmt oder mit „Geschüttelt – nicht gerührt“ ihre eigene Version eines James Bond-Soundtracks präsentiert.
Generell ist die Qualität der dargebotenen Stücke durchweg hoch bis sehr hoch. Selbst die indischen Elemente eines „Nimbu Pani“, das chorale „Close Your Eyes“ und das countrymäßige „Flying Cow“ fügen sich nahtlos in das gesamte Album ein und werden mit Sicherheit ihre Liebhaber finden. Zu jedem einzelnen Stück finden sich im Booklet Informationen zur Entstehungsgeschichte oder den Hintergründen.
Einzig und allein Annas Gesang bzw. vielmehr ihre Singstimme wird meiner Meinung nach nicht den Geschmack der breiten Masse treffen, besonders bei der Coverversion von „Hallelujah“ und bei „Loibere Risen“. Hier fehlt genau das, was die rein instrumentalen Stücke auszeichnet: Man möchte nicht einfach nur lauschen und sich beeindrucken lassen, sondern hat das Gefühl, eine minderwertigere Version von bereits mehrfach veröffentlichten Stücken zu bekommen.
Wer „Neuland“ mochte, dem wird „Saitensprung“ ebenfalls zusagen. Wer mit Annas Soloprojekt noch nicht vertraut ist, sollte meiner Meinung nach zum aktuellen Album greifen, da es abwechslungsreicher und eingängiger ist.
Wertung: 7.5 / 10