Es ist immer eine schöne Sache, wenn man sieht, wie aus einer undergroundigen Band etwas größeres wird, wie ein paar Jungs wie du und ich es schaffen, ihren Weg im Musikgeschäft zu gehen. So geschehen bei ASTRAL SLEEP, die ich schon seit ein paar Jahren kenne. Anno 2006 stieß ich beim Herumsurfen bei den Metal Archives auf der Suche nach neuen Doom Metal Bands auf ihre selbstbetitelte Demo, die sie kostenlos als MP3-Download anboten. Ich muss jetzt ganz ehrlich sagen, wirklich regelmäßig hab ich das gute Stück nicht gehört, trotzdem wurde ich hellhörig, als im Promoverteiler neue CDs aus Russland auftauchten und da bei Solitude Productions der Name ASTRAL SLEEP fiel. Sollten es wirklich die vier Finnen sein, die bei den Osteuropäern untergekommen sind? Ein wenig Recherche bestätigte es. Also griff ich doch mal zu…
Und das obwohl ich von der Demo der Finnen gar nicht so dermaßen begeistert war. Eine ganz nette Melange aus Doom und Death Metal wurde geboten, allerdings ohne die Klasse von etablierten Bands des Genres zu erreichen. Dazu wirkte hier noch alles zu ungeschliffen, die einzelnen Bausteine des Sounds setzten sich nicht gut genug zusammen, die Kompositionen waren zu lang und zu wenig ergreifend. Potential war da, ausgenutzt wurde es eher nicht. Glücklicherweise hat das Quartett auf der ersten Langrille „Unawakening“ in dieser Hinsicht einen großen Schritt nach vorne gemacht.
Fünf Tracks hauen ASTRAL SLEEP uns hier um die Ohren und bringen es damit auf 65 Minuten, was beweißt, dass sie im Vergleich zu ihrer Demo nur mäßig weniger explizit geworden sind (die brachte es mit Intro, Outro und zwei Tracks beinahe auf ’ne halbe Stunde). Tatsächlich ist der Opener „End of Ages“ mit seinen zwölf Minuten auch ein Track der eher handlichen Sorte. Gespielt wird immer noch etwa die gleiche Richtung. Tiefgestimmtes Gitarrengeboller im guten alten Zeitlupentempo, melancholisches Riffing, heftige Rhythmusarbeit, alle Trademarks werden geboten. Dazu gegrowlter Gesang und hin und wieder mal ein paar klare Linien, zweiterer ist ziemlich gewöhnungsbedürftig (klingt gelegentlich ein wenig so, wie ein betrunkener Ville Laihiala, der sich manchmal ein wenig in den Tonhöhen vergreift), hat aber einen gewissen Charme.
Und tatsächlich ist handwerklich auch alles schwer in Ordnung auf „Unawakening“. Technisch wird zwar nichts beeindruckendes geboten, aber hey, es ist Doom Metal, das hat bestimmt auch keiner erwartet. Die Produktion ist druckvoll und klar geraten, hat aber auch noch genug Ecken und Kanten, um als gehobener Underground durchzugehen. Der Gesang kommt gut durch und auch die Instrumente sind sauber abgemischt. Was auch verdammt wichtig ist, denn obwohl ASTRAL SLEEP auf den ersten Blick nicht gar so viel außergewöhnlich machen (hier wird halt technisch sauberer, melodisch verdammt netter und gesanglich etwas gewöhnungsbedürftiger Doom Metal geboten, sauberer Sache aber ohne große Überraschungen), offenbaren sie bei näherer Betrachtung doch die eine oder andere ziemlich coole Idee.
Das akustische Intermezzo bei „Cosmic Key“ zum Beispiel, bei dem plötzlich die bockschweren Riffs verstummen und zwei Akustikklampfen etwas daher spielen, was irgendwie so eine Art kuschellige, melancholische Westerngitarren-Atmosphäre aufkommen lässt. Und wo wir gerade im staubigen Westen sind, noch viel cooler finde ich persönlich die Einwürfe am Anfang und in der Mitte des handlichen Viertelstünders „Expression“, wo plötzlich eine waschechte Mundharmonika um die Ecke biegt und ein paar extrem lässige Leadmelodien aus dem Ärmel schüttelt (wow, ich dachte auf so Ideen komm nur ich… Mist, jetzt wird jeder denken ich hätte geklaut). Solche kleinen aber feinen interessanten Ideen lassen sich immer wieder in der Musik von ASTRAL SLEEP aufspüren, manchmal recht offenkundig, manchmal auch ziemlich weit im Soundbild untergemischt, so dass sie erst nach mehrmaligem Anhören der Songs ihre Wirkung entfalten. Auf jeden Fall immer sehr nett.
Und das ist es auch, was die Knaben aus Tampere vom Genrestandard abhebt, nette Melodien gepaart mit interessanten, relativ stiloffenen Einfällen. Damit ist „Unawakening“ sowohl für Freunde des orthodoxeren, als auch des etwas ungewöhnlicheren Doomdeath Metals auf jeden Fall eine Investition wert, denn nach einer kurzen Eingewöhnungsphase offenbart die Scheibe ihre Stärken. Musik für die Ewigkeit ist das zwar nicht, Genrefans sei aber dringend mal ein Lauscher empfohlen. Schön, dass ihr’s mehr oder weniger aus dem Underground raus geschafft habt, Jungs.
Wertung: 8 / 10