Sechs Songs, eine knappe Dreiviertelstunde Spielzeit, altdeutsche Schrift, ein in dunklen Tönen gehaltenes Cover mit einem Raben und einer unbekleideten Dame auf einem Pferd – wer sagt mir, mit welcher Spielart wir es zu tun haben?
PROCESSION kommen aus Chile und spielen mit der Bandminimalbesetzung von drei Mitgliedern natürlich Doom Metal. Und sie tun es mit allem, was dazu gehört: langsame Songs, lange Songs, atmosphärische Songs. In einem Genre, dass sich mit Bands wie Candlemass und vor allem natürlich My Dying Bride schon seit vielen Jahren etabliert hat, ist es aufgrund der limitierten Geschwindigkeitsmöglichkeiten heute sehr schwer, mit Neuem oder wenigstens mit Qualitätivem auf sich aufmerksam zu machen.
Der potentielle Hörer von PROCESSION sollte sich vorher also folgendes fragen: will ich neue, innovative Musik hören? Dann sollte er die Finger wohl besser fernhalten von den Jungs um Frontmann Felipe Plaza. Lautet die Frage aber: will ich guten Wein, auch wenn er in alten Schläuchen daherkommt? Dann kann man weitgehend problemlos zugreifen, denn auch wenn man in den 45 Minuten praktisch nichts zu hören bekommt, was nicht vor langer oder auch kurzer Zeit von diversen Bands schon aufgenommen wurde: was die Chilenen machen, machen sie ganz passabel. Man darf natürlich keine Ohrwürmer erwarten, Eingängigkeit bleibt bei Songlängen von 5:32 – 11:19 locker auf der Strecke, am ehesten noch weist „The Road To The Gravegarden“ Wiedererkennungswert auf.
Den braucht es aber auch nicht immer; wer Doom hören will, nimmt dies ohne Schwierigkeiten hin, im Falle von PROCESSION kann man sich ja immerhin darauf verlassen, dass man es mit Überzeugungstätern zu tun hat. Dass zeigen auch die Songtitel bzw. die Lyrics, die sich mit dem im konservativen Südamerika nicht unüblichen Thema Glauben/Kirche bzw. Kritik daran auseinander setzen. Mäßig spannend, um es mal freundlich auszudrücken.
Unter dem Strich fällt mir ein Fazit nicht ganz leicht: Doomer freuen sich sicher, all diejenigen, die ab und zu mal in der Szene vorbeischauen, werden sicher bei den genannten Leithengsten glücklicher. Man kann PROCESSION nicht unterstellen, dass sie eine schlechte Arbeit abliefern, aber das letzte Quentchen fehlt, die CD sagt zu leise: hör mich wieder an!!!
Wertung: 6 / 10