Und ewig sprießen sie, die leicht bis mittelschwer klischeebehafteten Gothic-Metal Bands aus Norwegen, welche sich alle aus dem Schatten der wahren Meister „The 3rd And The Mortal“ herausspielen wollten. Egal, ob sie nun „Tristania“, „Trail Of Tears“, das Paradebeispiel „Theatre Of Tragedy“ oder eben THE SINS OF THY BELOVED heißen. Die eine oder andere Krone ließ (bzw. lässt) sich mit dem Konzept wohl verdienen und es ist ja auch nicht alles schlecht, was das Königreich im Norden in dieser Richtung hervorgebracht hat.
Genau so verhält es sich mit dem Debüt der angesprochenen THE SINS OF THY BELOVED. Und da will ich gar nicht mal gleich zu Beginn auf dem durchaus stimmigen Artwork herumreiten, denn letztlich geht es ja doch um die Musik. Man kann der Band sicher nicht vorwerfen, sich nicht um Eigenständigkeit bemüht zu haben. Teilweise sehr lange und auch etwas verschachtelte Songs, sowie den konsequenten Einsatz der Violine als Lead-Instrument kann sicher nicht jede Truppe für sich verbuchen. Leider hapert es an der einen oder anderen Stelle an der Umsetzung. Ich verzichte in dem Fall bewusst auf das Wörtchen „noch“, denn das Zweit- und damit bis dato letzte Werk „Perpetual Desolation“ konnte in dieser Hinsicht keinen Fortschritt erbringen, wie sich zwei Jahre später zeigen sollte. Es ist ja schön und gut, wenn die Streicher nicht aus der Konserve kommen und sicher auch richtig, dem Instrument dann mehr Spielraum als üblich einzuräumen. Dann sollte es sich aber auch so gut einfügen wie beim Opener „My Love“ oder bei der – zugegebenermaßen – sehr schönen Ballade „Until The Dark“, welches neben einem Solo der Geige auch durch schöne Klavierharmonien und rein weiblichen Gesang glänzen kann.
Wenn man sich dann andererseits das über dreiminütige Gedudel von Pete Johansson als „Intro“ zu „Worhty Of You“ anhört, weiß man schon nicht mehr, was man davon halten soll. Ich kann da gänzlich keine Struktur erkennen, es hört sich irgendwie so an, als wenn man ihm im Studio gesagt hätte: „Der Song ist gegenüber den anderen zu kurz, spiel doch mal ein wenig vor Dich hin und wir nehmen das auf, es wird schon irgendwie passen.“ Passt aber nicht, niemand hätte weinen müssen, wenn man den Song einfach auf die Hälfte gekürzt hätte, ich hätte mich sogar gefreut. Andere Dinge dann freilich wieder ganz in Ordnung, der im Walzertakt gehaltene Titeltrack kann überzeugen, zumal es hier im Mittelteil auch mal etwas heftiger zur Sache geht. Dies stellt nicht nur eine schöne Abwechselung vom Einheitsbrei dar, sondern zeigt ganz allgemein, dass man auch anders spielen kann als immer nur die typischen Gothic-Riffs mit reichlich Keyboarduntermalung.
Besonders übel ins Mehl gehauen wird (man ist geneingt zu sagen) natürlich bei den Lyrics. Die sind teilweise wirklich so klischeetriefend schlecht, dass sie erwähnt werden müssen. Das Booklet enthält das geschriebene Wort glücklicherweise vor, aber man ist des Englischen ja nicht gänzlich unmächtig: wenn Sängerin Anita in „The Kiss“ verzweifelhaft haucht „Remember The Night, When You Kissed Me And We Made Love“ und dazu die dramatische Violine erklingt, wähnt man sich schon in Dunstkreisen von Sissy und Co, völlig übel wird es in der angesprochenen Ballade. So schön „Until The Dark“ sich auch anhört, textlich hätte man es fast nicht schlechter hinbekommen können. Insgesamt ein großer Schwachpunkt, der verdeutlicht, dass man mit guten Texten vielleicht nicht allzu viel reißen kann, mit schlechten aber ein Album deutlich in den negativen Bereich ziehen kann.
Licht und Schatten wechseln sich hier ab wie Blockhäuser, Elche und Murmeltiere in der norwegischen Landschaft. Retrospektivisch betrachtet hat das dann nicht gereicht, um sich in der Szene durchzusetzen, anders ist die Stille, die seit fast einem Jahrzehnt um die Band herrscht, wohl auch nicht zu erklären. Puristen, Komplettierer und textliche Omnivoren haben vielleicht ihre helle Freude daran, für mehr als absolutes Mittelmaß hat es bei mir aber nicht gereicht.
Wertung: 5 / 10