Man muss Thrash Metal nicht mögen – dennoch kann man zumindest eines nicht leugnen, nämlich man es hier mit einer der ehrlichsten und unverfälschtesten Metal-Subkulturen überhaupt zu tun hat. Hier gibt es keine trueness-Rankings, es steht tatsächlich (leider nicht immer eine Selbstverständlichkeit) die Musik im Vordergrund und eigentlich sind sich auch alle einig, wie Thrash Metal zu klingen hat. Das heißt nun nicht, dass alle Thrash-Bands generell gleich klingen – dennoch ist eine weit größere Kontinuität zu erkennen, als es beispielsweise beim Black Metal der Fall ist: Während in diesem ständig und bisweilen verkrampft versucht wird, das Rad neu zu erfinden, hat sich die neue Thrasher-Generation offenbar kollektiv auf die Fahnen geschrieben, am gleichen Strang zu ziehen und den Spirit der Szene-Vordenker weiterzutragen.
In diese Garde reihen sich auch die Amerikaner KAOS ein, welche ihre Einflüsse auf Myspace sehr treffend mit „FUCKING Straight UP BAY AREA old skool round here…“ angeben. Nötig wäre das eigentlich nicht gewesen, wäre der geneigte Hörer darauf wohl nach nicht einmal einer Minute selbst zu gekommen – sympatisch ist es jedoch dennoch, dass eine Band ihre Einflüsse nicht zu verheimlichen versucht.
Und so bekommt der Hörer mit „The Pits Of Existence“ ein Bay Area Thrash Metal-Album, wie es klassischer nicht sein könnte. Faszinierend ist dabei vor allem, dass Bands wie Warbringer oder eben KAOS es dabei scheinbar spielend schaffen, sich dort zu Hause zu fühlen, wo Bands wie Metallica den Pfad des reinen Thrash Metal verlassen haben: Man fühlt sich mit einer Zeitmaschine zurückversetzt ins Jahr 1986, als Thrash Metal noch Trash Metal war, wild und ungezähmt, jung und dynamisch, neu und unverbraucht. Und genau an diesem Punkt knüpfen KAOS und Konsorten an und führen weiter, was damals im Sand des NeoThrash, Nu Metal oder Heavy Metal verlief.
Dabei wirkt nichts gekünstelt oder verkrampft an anderer Leute Heldentaten anbiedernd, auf der anderen Seite bekommt man auch nicht bloß eine alte Suppe wiederaufgewärmt.
Nach dem Intro „Into Insanity“ legen KAOS mit „Bleed Some More“ los und geben gleich Vollgas – und so schnell nehmen die Jungs aus Californien den Fuß auch nicht wieder runter vom Gaspdal. Dabei ist „The Pits OF Existence“ weit davon entfernt, in stupides Gebolze auszuarten – der Kombination aus hochwertigen Riffs, extrem charismatischem und für Thrash-Verhältnisse sogar recht abwechslungsreichem Gesang und griffigem Songwriting sei Dank.
Dass KAOS aber noch mehr können, als „nur“ thrashen, beweisen sie eindrucksvoll im letzten Track „Exit Realitiy“, der, vergleichbar mit „Hundred Wrathful Deities“ auf dem aktuellen Evile-Album „Infected Nations“, rein instrumental dargeboten wird: In sich stimmig bildet das Stück einen gelungenen Abschluss für dieses ausdrucksstarke Album.
Wäre „The Pits Of Existence“ 20 Jahre früher herausgekommen, hätte es sich ohne aus dem Rahmen zu fallen zwischen all den heute lengedären Alben von Bands wie Exodus und Metallica einreihen können… und hätte KAOS wohl den Weg zu einer großen Zukunft geebnet.
Wie viel (kommerziellen) Erfolg man mit Bay Area Thrash im Jahre 2010 noch haben kann, wird sich noch zeigen müssen – das Zeug, zumindest mit Newcomern wie Warbringer oder Evile mitzuhalten, haben KAOS allemal.
Wertung: 9 / 10