Auweia, mit dem Review hier werd ich mir ganz sicher Feinde machen, aber so ist das halt, wenn man sich journalistisch betätigt, also bringen wir’s relativ rasch hinter uns… Post Rock, Post Punk, Post Hardcore, Post Metal, das sind so Dinge, an denen man heutzutage als aufgeklärter Metalhead mehr schlecht als recht vorbeikommt, haben diese (zumindest für mich) recht schwer fassbaren Genres doch in den letzten Jahren ziemlichen Einzug in die „Szene“ (falls man das so nennen will) gehalten. Und selbst ich Banause begriff spätestens mit Sigur Rós, dass es sich bei Post Rock nicht um ein Kleidungsstück unserer feschen Briefträgerin handelte (oder sagen wir mal besser „nicht nur“), sondern um irgend etwas, das mächtig anspruchsvoll, atmosphärisch und schön anzuhören ist. Allerdings wurde ich mit dem Schaffen der Isländer nie wirklich warm und wurde daher allseits mit Verachtung gestraft (jetzt wird wieder mächtig auf den Schlips getreten: Manchmal kommt mir die ganze Post Rock Anhängerschaft echt wie ein ziemlich versnobbter Verein vor, der jeden, der ihren Geschmack nicht teilt, für einen intellektuell eher schwächeren Barbaren hält, der einfach zu blöd ist, um gute Musik zu schätzen zu wissen, aber gut, ich will ja nicht alle über einen Kamm scheren). Ich gebe ja irgendwo auch zu, dass sich das Schaffen der Knaben einem bestimmt nicht über Nacht erschließt, sondern Einarbeitungszeit benötigt, aber das, was ich mir hin und wieder von ihnen gab, beeindruckte mich einfach nicht genug, als dass ich bereit gewesen wäre, horrende Summen für eine CD von ihnen auszugeben, die ich mir dann noch gut hören muss.
Da kamen mir die US-Amerikaner THE PAX CECILIA gerade recht, die hatten nämlich eine sehr nette Idee, was ihre erste (und bislang einzige) CD „Blessed Are The Bonds“ angeht. Auf ihrer Homepage gaben sie eine Email-Adresse an, an die man seine eigene Postadresse schicken konnte und daraufhin sandten die Knaben einem völlig für Lau ihre Silberscheibe zu, im schnieken Digipack und mit Poster noch dazu. „I’ll be damned“, schoss es mir durch den Kopf, „Wenn’s was umsonst gibt bin ich dabei.“ Flugs ging meine Mail raus und dann tat sich erst mal nichts. Irgendwann gab die Band auf ihrer Myspace-Seite dann bekannt, dass alle Exemplare verteilt wären und man das Ding ab sofort nur noch kostenlos runterladen kann, also rechnete ich gar nicht mehr damit, dass da überhaupt noch was eintrudelt. Aber wie man weiß kommt es ja erstens anders und zweitens als man denkt und irgendwann hatte ich dann urplötzlich „Blessed Are The Bonds“ im Briefkasten.
Lange Exposition, ich weiß, aber ganz durch bin ich damit immer noch nicht, denn ich will hier, jetzt und heute unmissverständlich klar machen: Ich bin kein großer Post Rock Kenner, außer THE PAX CECILIA sind mir wie gesagt ein paar Sigur Rós-Sachen untergekommen, dann bin ich im Internet noch über eine CD von einer Band namens Parabstruse gestolpert, Callisto treiben sich auch irgendwo in meiner Sammlung rum (falls man die überhaupt dazu zählen will), aber damit hat sich die Sache auch schon. Und als einen Fan des Genres würde ich mich auch nicht bezeichnen, aber vielleicht ist es ja mal ganz interessant, eine Meinung von einem weniger Eingeweihten zu lesen, denn hin und wieder hab ich das Gefühl, dass es für Post Rock Jünger quasi keine schlechten Vertreter des Genres gibt, sondern irgendwie einfach alles nur in verschiedenen Graden von „Gut“ unterschieden wird…
Jetzt aber zur Sache, „Blessed Are The Bonds“ heißt also die erste Langrille von THE PAX CECILIA, den fünf Knaben, die im CD-Case einfach nicht verraten wollten, wer hier eigentlich welches Instrument bedient. Dafür protzen sie darauf hin mit einer Vielzahl an Namen von Leuten, die zu diesem Werk beigetragen haben. Gastsänger en masse und ein Streichertrio, nicht schlecht, das war bestimmt nicht gerade günstig. Das Digipack ist auch schön aufgemacht, das Poster sowieso, die äußeren Werte stimmen soweit und werden – wenn ich jetzt mal zur Musik überleiten darf – auch noch von einer sehr amtlichen Produktion abgerundet. Wie gesagt, hier steckt bestimmt gar nicht so wenig Geld drin, verwunderlich, dass die Jungs den Kram verschenken und dann auch noch für den Versand aufkommen. Vom Niveau her bewegen sie sich nämlich locker in den Gefilden von namhafteren Vertretern der Zunft.
Wie schaut’s denn aber mit der Musik auf „Blessed Are The Bonds“ aus? Um es gleich mal vorweg zu nehmen: Gut, aber nicht perfekt. Acht Tracks mit einer gesamtlänge von knapp 60 Minuten kriegt der Hörer um die Ohren gehauen und die Stücke sind dabei so variabel, wie man sich das nur wünschen kann. Fängt der Opener „The Tragedy“ noch mit ruhigen Piano-Klängen und sanft vorgetragenen Vocals an, steigert sich die Intensität des Materials mit der Zeit immer mehr, schon bei „The Tomb Song“ werden Versatzstücke aus Screamo und Sludge mit eingebaut, allerdings ohne überhand zu nehmen. Dann wieder ruhige Parts, kräftig rockende Abschnitte, Ambient-Klänge, auf die Scheibe hier hat sich einiges verirrt und die Vermischung dieser Stilelemente ist noch dazu geradezu bravourös gelungen. „Blessed Are The Bonds“ ist trotz aller Abwechslung eine schön homogene Sache, die sich (mit ein paar Abstrichen, der Anfang von „The Wasteland“ zieht sich beispielsweise etwas) einfach nur gut hören kann.
Die größte Stärke des Werks ist allerdings seine… Ich weiß gar nicht wie ich es sagen soll… Vielleicht „maritime Atmosphäre“. Der Titel „The Water Song“ deutet es ja schon an und auch die ersten Textzeilen von „The Tragedy“ („I sing a song of sunken ships„), das Ganze klingt einfach nach der Weite und der Einsamkeit des Ozeans oder vergleichbarer Gefilde, sogar das eigentlich recht trocken gedachte „The Wasteland“ hat was von blauen Wellen und einer eisigen Meeresbrise. Manche Abschnitte der CD laden wirklich dazu ein, die Augen zu schließen und sich an die Küste zu träumen. So etwas habe ich seit Ahabs „The Call of the Wretched Sea“ nicht mehr erlebt (wobei THE PAX CECILIA nur sehr selten so „bedrohlich“ klingen wie die Melville-Jünger).
Aber wo Licht ist, da ist auch Schatten. Wie gesagt, die Songs sind ziemlich abwechslungsreich, hier treffen ruhigere Parts auf wahre sturmartige Wutausbrüche und das funktioniert meistens recht gut, packt den Hörer wuchtig an der Brust und quetscht ihm die Luft aus den Lungen, yessa. Manchmal aber auch nicht, manchmal findet nämlich ein Stimmungswechsel statt, aber die Intensität bleibt einfach irgendwo auf der Strecke („The Progress“ sei hier mal genannt). Ich kann gar nicht genau mit dem Finger drauf zeigen, was die Jungs falsch gemacht haben, aber irgend etwas war es auf jeden Fall. Denn an diesen Stellen fällt der „Angriff auf den Hörer“ nicht wie ein heftiger Faustschlag ins Fressbrett aus, sondern einfach wie ein paar nervige Tritte gegen’s Schienbein, sprich: Man hätte es irgendwie lieber, wenn sie aufhören würden…
Von diesen Ausrutschern abgesehen ist „Blessed Are The Bonds“ allerdings eine sehr feine Sache, die – Überraschung! – gar nicht mal viel Einarbeitungszeit benötigt. Auf der Musik hier kann man sich von Anfang an einfach treiben lassen, wenn man über diese kurzen Einsprengsel hinweg sehen kann, die einem hin und wieder mal in die Kniescheibe beißen. THE PAX CECILIA haben mit ihrer ersten CD ein sehr rundes Ding hingelegt, das nicht nur von der Aufmachung und allgemein der Arbeit, die da reingewandert ist, sehr beeindruckt, sondern auch musikalisch was kann. Und für geschenkt…
Wertung: 8.5 / 10