Review Nàttsòl – Stemning

  • Label: Prophecy
  • Veröffentlicht: 2010
  • Spielart: Black Metal

Fünfzehn Jahre ist es nun her, dass mit „Bergtatt“ das legendäre erste Album der norwegischen Wasauchimmer-Metal-Band Ulver erschien. Noch vor den zahlreichen Stilwechseln der Gruppe setzten sich die „Wölfe“ mit ihrem Debüt ein Denkmal des naturromantischen und folk-beeinflussten Black Metals. Genau an dieses ohne Zweifel zeitlose und in seiner Form unerreichte Meisterwerk knüpfen Anno 2010 Ulvers Landsleute von NÀTTSÒL mit ihrem Erstling „Stemning“ an.

Wer „Bergtatt“ kennt, hat also schnell eine Vorstellung, wie die „Nachtsonne“ (so der Bandname, die Akzente sind allerdings eigentlich überflüssig) klingt. Ganz ähnlich wie das Ulver-Werk ist auch „Stemning“ (zu deutsch: „Stimmung“) quasi in Kapitel aufgeteilt, in denen naturmystische Themen ausgebreitet werden. Die deutlichste Ähnlichkeit zwischen beiden musikalischen Konzepten tritt bei Stück Nr. 2 zu Tage (etwa: „Beim Feuer zur Abendstunde“), bei dem beinahe nur die modernere Produktion durchscheinen lässt, dass es sich NICHT um ein Ulver-Lied handelt. Man hört kühle, einfache und effektive E-Gitarrenriffs, unterlegt mit „Doublebass-und-doch-Midtempo-Rhythmik“ (an der sich auf der ganzen Platte fast nichts ändert), dazu harscher Gesang im Wechsel mit den typischen, fast gregorianisch anmutenden, geisterhaften Gesängen und immer wieder Unterbrechungen durch eine warme Akustikgitarre. Dabei gelingt es NÀTTSÒL nicht nur in der Art ähnlich wie das unzweifelhafte Vorbild zu klingen, sondern auch verdammt nah an das Niveau Ulvers heranzukommen.

In den anderen Songs löst man sich ein klein wenig vor dem großen Schatten und beweist, dass man nicht ausschließlich mit dem Kopieren der (einstigen) Helden punkten will. Doch kommt man nicht umhin, festzustellen, dass ein Großteil der Kompositionen zwar enorm hochklassig (insbesondere für ein Debüt), jedoch nicht allzu eigenständig klingt – ein Fest für Traditionalisten. Zweifellos zeigt sich hie und da eine Passage, die wirklich Akzente setzt, beispielsweise ein eigenartig-hymnisches Riff in der zweiten Hälfte von „Ved Fjell I Vinterblaest“ oder der Ausklang in Form einer akustischen Ballade mit wundervollem Frauengesang und Flöten. Dennoch bleibt über manche Strecken der Eindruck, dass alles zwar gut bis sehr gut klingt, man aber Überraschungen nicht erwarten darf.

NÀTTSÒL eröffnen sich insofern sozusagen selbst eine Nische, als dass sie einen Stil verfolgen, der seit fünfzehn Jahren kaum mehr eine Rolle gespielt hat. „Stemning“, welches bereits auf eine mehrjährige Entstehungsgeschichte zurückblicken kann, ist ein schöner Erstling geworden, der manchem Freund der typisch nordischen Black Metal-Romantik gefallen dürfte. Die sehr deutliche Ulver-Schlagseite ist hier durchaus positiv gemeint, wenngleich man sich für die Zukunft wünschen darf, dass NÀTTSÒL noch etwas mehr Eigenheiten herausbilden, etwas mehr Variation in die Songs einbauen und auch noch mehr Ideen für mehr Spielzeit als 37 Minuten spendieren.

Wertung: 7.5 / 10

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