Wenige Alben erwartete ich dieses Jahr mit mehr Spannung als die Neue von GLITTERTIND. Lange Jahre waren seit der grandiosen „Til Dovre Faller“-EP verstrichen, und nun soll es endlich soweit sein und „Landkjenning“ liegt in meinen Händen. Wie das so ist mit hohen Erwartungen, so können diese auch am tiefsten enttäuschen.
„Landkjenning“, zu deutsch etwa „Landsichtung“, handelt überwiegend mit einer der „Lieblingspersonen“ norwegischer Viking Metaller, Olav Tryggvason. Der König, der um die Jahrtausendwende die Christianisierung des Landes weit vorantrieb, regte jedoch schon im vorletzten Jahrhundert die Künstler an, so dass sich Mastermind Torbjørn nicht selten auf Texte des berühmten Dichters Bjørnstjerne Bjørnsson stützt. Traditionell greifen die zwei – Sandvik hat sich einen Mann Verstärkung geholt – auch wieder volkstümliches Liedgut auf, was der Sache natürlich gewaltig Authentizität verleiht.
Der rein vokale Einstieg, der schon das lyrische Thema nennt („Og det var Olav Tryggvason…“), erinnert zunächst stark an den Beginn der letzten Platte. Doch anstatt schnell loszubrechen, bleibt der längere Titelsong über weite Strecken fast opernhaft-bombastisch und sehr getragen. Viel an Tempo legt auch „Nordafjells“ nicht zu. Der Punkrock, der zuvor tonangebend für GLITTERTINDs Sound war, ist nun vollständig verschwunden und weicht einer Art Folk Rock, die in ihrer Langsamkeit an die Landsleute von Lumsk erinnert. Dazu kommt, dass die beiden einen Haufen Instrumente, von Gastmusikern gespielt, eingebaut haben, die die nordische Herkunft betonen.
Leider kann allenfalls „Varder i brann“ etwas von der Energie früherer Zeiten zurückbringen, die ich sonst schmerzlich auf „Landkjenning“ vermisse. Denn auch der vom Labelkollegen Chris (Alestorm) gelobte einzige englischsprachige Song „Longships And Mead“ verhallt derart kraftlos, ja fast kindlich, so dass er als Soundtrack für einen Astrid Lindgren-Film durchgehen könnte. Schon fast kitschig klingt die Flöte bei „Går min eigen vei“ und Nummern wie „Jeg snører min sekk“ plätschern so seicht und harmlos aus den Lautsprechern, dass es KEINE Freude ist.
Natürlich ist nicht alles auf „Landkjenning“ ein Rückschritt, und man muss auch anerkennen, dass der Nordmann mit der Hammer-EP davor die Messlatte sehr hoch gesetzt hat. Der erhöhte Folkanteil klingt in sich überzeugend, insbesondere die Hardangerfiedel sorgt für Stimmung. Nach wie vor hat Torbjørn eine großartige Stimme, jedoch gleitet diese in manchen Nummern („Mot myrke vetteren“) in Höhen ab, in denen er nicht mehr so eine gute Figur macht.
Im Großen und Ganzen ist „Landkjenning“ eine ordentliche Platte für Freunde von Bands wie Lumsk, die eher bedächtigen Folk Rock spielen. Wer allerdings wie ich die früheren Platten von GLITTERTIND kennt und schätzt, wird mit der neuen Scheibe nicht glücklich. Die ganze Zeit wartet man nur darauf, dass endlich mal das Tempo angezogen und der Punk ausgepackt wird. Ebenfalls findet sich kein Ansatz von mehr Metal auf diesem Album, hat man also durch die beiden letzten Songs von „Til Dovre Faller“ zu Torbjørn & Co gefunden hat, wird man ebenfalls enttäuscht. Epik und Folklore gelingt auf „Landkjenning“, aber die Kraft fehlt gewaltig.
Wertung: 5.5 / 10