Review Neaera – Omnicide – Creation Unleashed

Seit sechs Jahren treiben NEAERA nun schon ihr Unwesen in der deutschen Metal-Szene und wissen seitdem immer wieder für ordentlich Gesprächsstoff zu sorgen. Wo sich das Quintett aus Münster anfangs noch stärker am Hardcore orientierte und so nicht selten dem Metalcore zugeschrieben wurde, verdüsterte es sich spätestens mit „Armamentarium“ (2007) und fand endgültig einen festen Platz im melodischen Todesmetall-Universum. Nun haben die – seit April 2004 bei Metal Blade Records unter Vertrag stehenden – Jungs ihre vierte Langrille auf die Fans losgelassen. Einige davon werden von „Omnicide – Creation Unleashed“ wieder hin- und hergerissen sein, so viel sei schon verraten.

Anno 2009 scheinen NEAERA nämlich die meisten Trademarks, die die Band noch auf „Armamentarium“, vor allem aber auf deren Vorgängerwerk „Let The Tempest Come“, ausgemacht hat, fallen gelassen zu haben.
In gewohnt erbarmungsloser Manier brettert der Opener „I Loathe“ dann auch schon durch seine vollen 4:33 Minuten, und macht mit dem Gitarren-Duo Tobias Buck und Stefan Keller unmissverständlich klar, dass NEAERA wieder am Werke sind. Gesanglich bekommt man auch auf „Age Of Hunger“, „The Wretched Of The Earth“ und den nachfolgenden Nummern gerölllawinen-artiges Growling dargeboten – Fronter Benny Hilleke macht außerdem den Eindruck, als hätte er ordentlich Schwarzwurzel-Tee gekippt. Dass diese Mischung NEAERA durchaus gut zu Gesicht steht, wird uns nicht erst mit der aktuellen Platte bewiesen, sondern zündete schon auf „Armamentarium“ verdammt gut.
Signifikante Unterschiede zu eben jenem Vorläufer gibt es dann aber (leider) doch zu verzeichnen: die Eingängigkeit ist praktisch vollständig flöten gegangen. „Muss ja auch nicht sein“, mag man sich jetzt denken, war dann aber im direkten Vergleich der beiden Werke doch ziemlich angenehm und möglicherweise auch ein Teil von NEAERAs Erfolgsrezept. Trotz der immer noch markanten Gitarrenarbeit und einiger starker Hooklines, kann man „Omnicide – Creation Unleashed“ getrost als das bislang düsterste und schwerste Album der Münsteraner bezeichnen. So wuchtig und kraftvoll es auch sein mag, so wenig Zeit zum Verschnaufen während dieser 42:50 Minuten geballter Melodic Death Metal-Brutalität auch bleibt, ein schmerzlich großer Teil der Dynamik und Abwechslung ging dabei verloren.
Nach dem stark gereiften „Armamentarium“ mag „Omnicide – Creation Unleashed“ lyrisch und in Sachen Songwriting der nächste logische Schritt sein. Blinde, jugendliche Wut und Aggressionen waren seitdem nämlich schlichtweg überholt und hätten erzwungen wirken können. Freunde der Band, die schon mit dem 2007er-Werk nicht mehr richtig klar kamen, werden auch mit dem aktuellen Output nur schwerlich warm. Besinnungsloses Gebolze ist „Omnicide – Creation Unleashed“ trotz aller Härte und den genannten Kritikpunkten natürlich trotzdem nicht. Ein gewisser Wiedererkennungswert ist weiterhin vorhanden, wenngleich auch nicht mehr so stark ausgeprägt. Für mich kommen aber nur Songs wie „Prey To Anguish“, „In Near Ruins“ und „I Am The Rape“ annähernd an die Klasse von „Armamentarium“ heran, welches ich schlicht und ergreifend genial fand.

Eine gewohnt erstklassige Produktion aus dem Hause Rape Of Harmonies, einige Positivausnahmen und zahlreiche sehr starke Momente machen „Omnicide – Creation Unleashed“ für mich dennoch zu einer guten Scheibe. Düster wie nie zuvor, aggressiver denn je und mit gebündelter Kraft präsentieren sich NEAERA in diesem Jahr von einer komplett neuen Seite, die viele mit Sicherheit erst zu schätzen lernen müssen. Letztendlich bekommt der hungrige Hörer gewohnt gute, keineswegs aber überragende Melodic Death-Kost der Marke NEAERA aufgetischt Anspieltipps: „Prey To Anguish“, „Age Of Hunger“, „In Near Ruins“ und „I Am The Rape“.

Wertung: 7.5 / 10

Geschrieben am 6. April 2013 von Metal1.info

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