Review NahemaH – A New Constellation

Nur wenige CDs in meiner Sammlung haben eine so enorme Langzeitwirkung wie die dritte CD der spanier NAHEMAH mit dem Titel „The Second Philosophy“. Die Verquickung von Alternative und Post Rock mit experimentellen Anleihen und progressivem Death Metal dreht sich jetzt seit guten zwei Jahren mit schöner Regelmäßigkeit in meiner Stereoanlage und wächst mir immer mehr ans Herz. Um so froher stimmte mich dann die Meldung, dass der Vierer aus Alicante inklusive Session Drummer Anhang wieder ins Studio eingezogen war, um den Nachfolger aufzunehmen. Irgendwie hab ich das kurze Zeit später aber schon wieder vergessen gehabt und war dann ziemlich baff, als das fertige Ding als Promo eintrudelte und rezensiert werden wollte.

„A New Constellation“, so lautet der Name des zweiten Albums unter der Flagge von Lifeforce Records und auch des zweiten Albums seit dem Genrewechsel, den die Knaben vom symphonischen Black Metal zu ihrem neuen Stilgemisch angestrebt haben. Und unter diesem Titel hauen sie uns zehn Tracks mit knappen 50 Minuten Spielzeit um die Ohren, die den gewohnt experimentellen Klang des Vorgängers vertiefen, weiterführen sollten, oder? Naja, irgendwie nicht ganz. Und deswegen war mir das Album beim ersten Durchlauf auch schon mehr oder weniger suspekt…

Die ersten Takte des Openers „Much Us“ legen zwar im Stil von „The Second Philosophy“ los, leicht progressive Gitarrenriffs treffen auf sphärische Keyboard-Arrangements und etwas vertrackte, aber leicht monotone Drum-Patterns. Auch der Kreischgesang aus der Kehle von Pablo Egido ist noch genau so eindrucksvoll wie vor zwei Jahren. Aber irgendwie ist etwas anders, irgendwie fehlt da ein Stück. Und schon nach kurzem Grübeln fällt es auf: Die Experimentierfreude des Quartetts mit Anhang ist nicht mehr halb so ausgeprägt, wie noch auf dem Vorgänger. Ja, ein paar merkwürdige und coole Ideen findet man noch in den Songs, aber allgemein wird hier doch wesentlich eingängiger gearbeitet, als noch auf „The Second Philosophy“.

Nicht, dass das irgendwie schlecht wäre. Ganz im Gegenteil, denn nach dem ersten „Schock“ entfaltet „A New Constellation“ seine volle Durchschlagskraft. Der Platz, der durch das Wegfallen der gröbsten Experimente frei wurde, bleibt nämlich keineswegs ungenutzt, stattdessen nutzen NAHEMAH ihre neu gewonnene Eingängigkeit, um wesentlich emotionalere Parts einfließen zu lassen, als noch auf dem (in der Hinsicht auch schon nicht zu verachtenden) Vorgänger. So laden die Spanier uns in den knappen 50 Minuten auf eine wahre atmosphärische und emotionale Achterbahnfahrt ein, die sich wahrlich einprägt.
Und doch sind sie irgendwie immer noch unverwechselbar sie selbst. Die Riffs sind nach wie vor technisch auf glänzendem Niveau, die Kompositionen hier und da etwas holprig (manch eine Hookline wird etwas zu ausführlich ausgespielt), im Großen und Ganzen aber doch noch ausgefeilter als auf „The Second Philosophy“. Und der Gesang… Ich habe Egido ja früher schon ausgiebig gelobt, aber hier übertrifft er sich selbst. An seinen extremen Gesangslagen hat sich nicht viel geändert, aber der Klargesang hat sich ganz deutlich verbessert. Schon der erste Einsatz am Ende von „Absynthe“ (direkt nach einem sehr coolen Saxophonpart) ist ganz großes Kino und die Qualität hält der Mann das ganze Album über. Etwas störend finde ich allerdings die elektronisch verfremdete Stimme bei „The Perfect Depth Of The Mermaids“, die will nicht so recht passen. Dazu ist die Atmosphäre zu…

Ozeanisch vielleicht? Ich weiß nicht genau wieso, vielleicht liegt’s an dem sphärischen Keyboard oder dem immer wieder durchkommenden Saxophon, aber die ganze Stimmung der CD hat irgendwie etwas maritimes. Wenn man beim Hören die Augen schließt und alles um sich herum vergisst, dann dürfte es keine große Anstrengung sein, sich an einen einsamen Strand zu denken, wo die vom Wind gepeitschten Wellen über den Sand rollen. Und in den härteren Passagen dann dementsprechend in eine wahre Sturmflut, inklusive Blitz, Donner, Regenschauer und natürlich meterhohen Brechern. Wunderschön.

Aber wo Licht ist, da sind natürlich auch Schattenseiten. „A New Constellation“ hat relativ wenige, aber die sind gar nicht so unerheblich. Einerseits haben wir da das Schlagzeug, das von Quino Jimenez absolut tadellos eingespielt wurde, aber der Mann ist halt nur die Aushilfe in Form eines Session-Musikers und durfte dementsprechend wohl nicht an den Drumtracks mitschreiben und… das hört man auch. Die klingen nämlich irgendwie so, wie von einem bezüglich dieses Instruments nicht so kundigen gebastelt, zwar stellenweise relativ vertrackt aber im Großen und Ganzen zu monoton, zu abwechslungsarm, zu „tot“ für diese doch sehr lebendige Musik. Andererseits zeigen sich die letzten Augenblicke von „A New Constellation“ doch etwas enttäuschend. Nach knappen 45 Minuten steigert die Scheibe sich leider nicht zum Finale Furioso und sie faded auch nicht irgendwie aus. Stattdessen wandelt „Smoke’s Men“ (das bis dahin ein hammercooler Song ist) sich zu einer etwas schnarchigen Nummer, die dann von „Outer“ abgelöst wird, das auch irgendwie nicht so recht wissen will, wo’s lang geht. Und dann ist die Scheibe plötzlich aus. Unbefriedigend.

Davon abgesehen haben NAHEMAH mit „A New Constellation“ aber ein Hammeralbum abgeliefert, das sowohl alten Fans des Quartetts gefallen dürfte, als auch neue Hörer anziehen, dafür sorgt allein schon die Eingängigkeit des neuen Materials. Ob die Scheibe genau so eine Langzeitwirkung wie der Vorgänger hat, das wird sich zeigen, eigentlich habe ich da aber keine Bedenken.

Wertung: 8.5 / 10

Geschrieben am 6. April 2013 von Metal1.info

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