Französisches Stimmengewirr – und plötzlich, von einer Sekunde auf die andere, füht man sich ins hohe Norwegen versetzt. Denn das, was dem Hörer hier entgegengeschmettert wird, erinnert mehr als wenig subtil an die letzten Werke der Industrial-Black Metal-Legende Dodheimsgard zu „666international“-Zeiten. Die Truppe, die dahinter steckt, kommt – wer hätte es gedacht – aus Frankreich und nennt sich HELEL, was auf hebräisch soviel wie „Lucifer“ bedeutet. Konkret sprechen wir von deren Debüt-EP „A Sigil Burnt Deep Into The Flesh“.
Geboten bekommt der Fan hier in erster Linie eines: Eine knappe halbe Stunde bitter bösen Industrial-Black Metals – dass dabei natürlich schnell Assoziationen zu DHG geweckt werden, ist wenig verwunderlich, haben diese mit „666International“ doch einen Meilenstein in Sachen Härte und Komposition – und somit ein Referenzwerk für ein ganzes Genre abgeliefert.
Dabei muss man den erst 2007 gegründeten HELEL jedoch anerkennend zugestehen, dass sie sich trotz der sehr hoch liegenden Messlatte wirklich gut geschlagen haben. Denn sowohl die Komposition, als auch der Sound der vier auf der EP befindlichen Stücke weiß zu überzeugen. So kann der Titeltrack über volle neun Minuten hinweg begeistern, ohne dabei Längen oder Schwächen zu offenbaren und auch bei den anderen Stücken führen die Franzosen souverän und mit voller Aggression, Inbrunst und Hingabe durch das selbstverursachte Chaos aus infernalisch schnell programmierten Drums, schnellen Gitarrenriffs, Keyboard-Wänden und sonstigen Industrial-Elementen.
Jedoch weiß man mit all diesen Elementen angemessen umzugehen – so ballert man nicht hirn- und sinnfrei drauflos, sondern weiß auch, wann man mit einem reduzierten Tempo mehr erreichen kann und kreiert so eine vielfältige, abwechslungsreiche und dabei stets autentische Atmosphäre. Dass die Musiker sich dabei auf ihr Handwerk verstehen, muss wohl nicht erst noch angemerkt werden – und doch sind Soli wie das in „This Is Hel(el) hierfür ein eindrucksvoller Beweis – auch wenn man diese nicht, wie es viele andere Bands gemacht hätten, in den Mittelpunkt stellt, sondern als Teil des Gesamtkunstwerkes eher im Hintergrund ablaufen lässt.
Auch gesanglich kommt man um einen Vergleich mit DHG nicht herum – klingt die Stimme des HELEL-Sängers, der sich im Übrigen genauso gesichts- wie namenlos gibt wie der Rest der Band, doch auf sehr ähnliche Weise bösartig – allerhöchstens nicht ganz so vielseitig. Die Vielseitigkeit im Allgemeinen betrachtet ist vielleicht auch der einzige Punkt, den man hier kritisierend anmerken könnte: Gibt es zwar oft Stellen, die durch Tempowechsel und ähnliche Stilmittel hervorgehoben sind, jedoch traut man sich an die absolut krassen Breaks wie melodiösere Zwischenspiele und ähnliche, richtig progressive Elemente noch nicht so ganz heran.
Mit „A Sigil Burnt Deep Into The Flesh“ haben HELEL ein Debüt vorgelegt, das sich wirklich sehen lassen kann. In Sachen Komposition wie auch Umsetzung haben alle Beteiligten ganze Arbeit geleistet – vom sehr gelungenen Coverartwork bis zum letzten Ton stimmt hier so ziemlich alles. Wenn man sich auf dem ersten vollen Album dann vielleicht noch einen Tick progressiver gibt und an der ein oder anderen Stelle noch ein Bisschen mehr „riskiert“, kann man von HELEL noch so einiges erwarten. Doch auch jetzt sind die Franzosen schon ein kleiner Geheimtipp für alle Fans des industriellen Schwarzmetalls.
Keine Wertung