Nach rund 12 Jahren gemeinsamen Musizierens werfen die Westfalen von NORDAFROST ihre zweite LP auf den Markt. Allzu viel Aufmerksamkeit zogen die Hagener mit einer Demo-EP, einem Album und einem Split bislang nicht auf sich, was ja aber keineswegs ein Fehlen von Qualität des Hagener Schwarmetalls bedeuten muss.
Die Musik von NORDAFROST hat, sofern ich das an den Myspace-Ausschnitten früherer Werke festmachen kann, gewaltig an Tempo zugelegt. Wo die Kollegen bei den Vorgängern noch Heavy Metal-Einschläge und Death Metal-Anleihen festmachen konnten, so präsentiert sich „Back To The Shores Of Grey“ überwiegend im rasenden Uptempo-Gewand. Bitterböse Gitarrenriffs sägen über bolzende Blastbeats, während ein wütender Schreihals die Vernichtung allen Lebens vorantreibt. Dabei sind die Einzelleistungen der vier Akteure durchweg sehr hochklassig, auch wenn dem Sänger ein klein wenig mehr Variation gut tun würde. Aber dies ist meiner Einschätzung nach eh ein Kernproblem extremen Metals.
Was den Genuss von „Back To The Shores Of Grey“ hingegen etwas erschwert, ist, dass die ganze Scheibe durchweg eine so immense Geschwindigkeit fährt, dass kaum Luft zum Atmen bleibt. Wenn über über eine Dreiviertelstunde allenfalls mal der ein oder andere Liedanfang („Cursed Despot“ oder „In Destination You’ll Freeze“) kurze Verschnaufpausen bieten, der Rest aber so durchgängig das Gaspedal durchdrückt, geht die Aufmerksamkeit des Hörers leider immer mal wieder flöten.
Das „Leider“ verdient Betonung. Denn ich kann nur noch einmal unterstreichen, dass das, was der Vierer da von sich gibt, verdammt überzeugend ist. Nicht nur die Fähigkeiten der vier für sich sprechen eine eindeutige Sprache, es ist das ganze Konstrukt NORDAFROST, was einfach – betrachtet man einen Song für sich – wirklich ausgereift klingt. Es ist auch nicht so, dass die Songs auf „BTTSOG“ einander im Gesamteindruck zu sehr ähneln. Einzig wirft die Scheibe das Problem auf, dass in all der Raserei eine nötige „Ruhepause“ fehlt. Den kurzen etwas rockigeren Passagen bei „Tempestas Autumnalis“ gelingt es leider nicht, dass von „Carnal Worship“ total durchgefegte Ohr wieder ein wenig zu beruhigen, und die einzige überwiegende Midtempo-Nummer „Final Sunrise“, der letzten Track, kommt einfach zu spät.
Somit stellen sich NORDAFROST trotz ihrer durchgehend hohen Qualität selbst ein Bein. Die äußerst abwechslungsreichen Songs in ihrer Komplexität zu durchdringen ist wohl nur denen erlaubt, die sich mit Kettensägen ins Bett legen. Allen Anderen, denen wie mir bei so viel Tempo die Aufmerksamkeit abhanden kommt geht, finden hier „nur“ ein gutes, kein sehr gutes Black Metal-Album.
Wertung: 7 / 10