Braucht die Welt tatsächlich noch ein Album eines Menschen, der scheinbar zu viel Zeit hat und diese überschüssige Zeit für die besonders auch unter Progressiv-Fricklern sehr beliebte Sportart „Masturbieren mit Gitarre“ nutzt? Vielleicht nicht. Doch glücklicherweise handelt es sich bei RAIMUND BURKE um keinen dieser ob ihrer Fähigkeit zu nicht mehr nachvollziehbaren, geschweige denn anhörbaren Spielereien auf dem Griffbrett abgehobener Gitarristen.
Zu viel Zeit hat er trotzdem, wie es scheint. Ende 2005 legte der Hüne aus Hamburg mit „Get It“ sein vielgelobtes Debütalbum vor und schon knappe drei Jahre später ist „Into My Arena“ fertig, auf dem Herr Burke alle Instrumente selber eingespielt hat, von denen natürlich die Gitarre dominiert. Schaut man sich die Biographie des Langhaarigen an, zeigt sich eine tiefe Verwurzelung im Hardrock und Affinität zu Yngwie Malmsteen.
Diese bilden dann auch die Basis für das musikalische Fundament von „Into My Arena“. „Beatiful Sin“ eröffnet die Langrille mit spacigen, neoklassisch angehauchten Keyboardklängen, die sich jedoch schnell dem erdigen, knackigen Sound der E-Gitarre ergeben. Über abwechslungsreich akzentuiert hart-rockenden Riffs zeigt RAIMUND BURKE, was er seit dem Bekommen seiner ersten Gitarre 1984 gelernt hat und gleichzeitig, wie man mit weniger großem Ego und mehr Gefühl die richtige Mischung aus Gefrickel und Melodie hinbekommt. Glückwunsch!
Artenvielfalt wird dabei trotz des omnipräsenten Hardrock-Grundkonstrukts groß geschrieben. Vom neoklassisch-progressiven Opener über balladeske Stücke mit Piano („Still Searching“) bis zu straighten Hardrock-Nummern á la „Rough Riff“ ist für jeden Geschmack etwas vertreten.
Der erstklassige Gitarrist Burke hat den Rhythmus im Blut und die ehrliche Melodie im Sinn. Niemals macht das virtuose Solospiel den Eindruck, purer Selbstzweck zu sein, sondern dient der Vermittlung einer musikalischen Botschaft. Als wäre das alles nicht schon gut genug, gibt es nach dem wunderbaren 9-minütigen Titelsong auch noch zwei Stücke mit Gesang, den Michael Keuter beisteuerte. „Don’t You Know“ kommt sehr 80er-Jahre artig daher und macht im mittleren Tempobereich eine ganz gute Figur wogegen „Wait For The Night“ wieder etwas flotter und weniger typisch ausfällt. Den würdigen Abschluss des Albums bildet mit „J.A.L.L.S“ eine ruhige Nummer für akustische Gitarre. Auf ein neues. Um nochmal zur eingangs gestellten Frage zurückzukommen: Sie trifft nicht zu, weil es sich bei „Into My Arena“ nicht um ein solches Album handelt. Wer instrumentalen Gitarrenrock mag, darf ohne Bedenken zuschlagen.
Wertung: 8 / 10