Der Grat, auf dem der Black-Metal-Musiker bisweilen wandeln muss, ist bisweilen schmal, während links und rechts der Abgrund der Lächerlichkeit droht. Und BLODTRU scheinen keinen ausgeprägten Gleichgewichtssinn zu haben. Ein Intro, das wohl an einen spirituellen Ritus erinnern soll, untermalt von Klopfen und Schellen – man kann sich den Druiden direkt vorstellen – leitet mit dem beschwörungsformelartig vorgetragenen „Christus, Christus Leave My People Alone“ das Werk ein. In Ungewissheit, ob der Grat nun gemeistert wurde, oder ob man sich, vom Sturz benommen, an eben jenen nur nicht erinnern kann, wird man vom ersten Riff getroffen.
Hierzu muss man sagen, dass „treffen“ vielleicht etwas zu hoch gegriffen ist… ist der Sound recht trocken und so doch eher schmalbrüstig. Auch, was nach dem Zusammentreffen von Hörer und Riff passiert, ist weit weniger spektakulär, als man sich das gewünscht hätte: Genau genommen passiert nämlich garnichts. Wohl kein Mensch, der schon einmal zuvor Black Metal gehört hat, wird von diesem Riff beeindruckt oder berührt sein, so richtig enttäuschend ist es jedoch auch nicht, ist es doch immerhin ein Riff. Nicht großartig, und spektakulär auch nicht, aber es ist nunmal da, so wie es ist, und es kann ja auch nichts dafür. Und es tut ja auch niemandem etwas zu leide. Denkt man sich – beim ersten. Und beim zweiten, einen Song später. Nun gut, ist ja nun nicht allzu unpassend, haben andere ja auch schon gemacht – Darkthrone beispielsweise. Nun gibt es jedoch mindestens drei gute Gründe, warum BLODTRU mit diesem Debüt nicht die neuen Darkthrone werden: Zum einen ist die Idee „Monotones Riff mit Geschrei“ 2009 nicht unbedingt neu. Darkthrone waren immerhin zum einen mit die ersten, und hatten somit das Recht des Erfinders auf ihrer Seite, und zum anderen waren die Riffs zwar weißgott nicht alle gut, hatten aber doch zumindest großteils ein gewisses Etwas (was vielleicht auch einfach subjektiv aus Argument eins resultiert). All das trifft bei BLODTRU nicht zu – Quod Licet Iovi, Non Licet Bovi, wie schon der Römer wusste.
So sind die Riffs weder in irgendeiner Hinsicht neu, noch haben sie Charakter oder wissen sonstwie zu überzeugen. Die wenigen Stellen, die (wenn auch nur minimal) herausstehen, erinnern vage an eben genannte Darkthrone oder auch Taake, jedoch nur mit viel gutem Willen und noch mehr Phantasie. Der alles entscheidende Unterschied ist jedoch, dass BLORDTRU – im Gegensatz zu Darkthrone, die wussten, wann genug ist und ihre musikalischen Ergüsse zumeist nach fünf bis sechs Minuten beendeten – nicht zu merken scheint (es handelt sich hierbei um ein – wie Stilecht – Soloprojekt), wann es mal wieder genug ist: Dass sich das Eingangs erwähnte Intro auf knappe fünf Minuten ausdehnt und die beiden folgenden Songs je knappe neun Minuten in Anspruch nehmen, ist eine Sache. Aber dass die beiden letzten Stücke der CD geschlagene 30 (!) Minuten füllen, grenzt an Folter.
Der erste der beiden steht dabei gänzlich in der Tradition des restlichen Albums: Riffs, die teilweise aus zwei (!) vollkommen unmotiviert, abwechselnd gespielten Akorden über mehrere Minuten (!) bestehen, begleitet von monotonem Geschrei ohne jegliche Abwechslung. Kreativität bezüglich Musik oder „Arrangement“, wenn man bei solchen Strukturen überhaupt von soetwas reden kann, ist sowieso gänzlich Fehlanzeige. Zumindest ist es aber ein Zeichen absoluter Geschmacklosigkeit. Selten war ich über die drei Sekunden Stille zwischen zwei Songs dermaßen erfreut wie zwischen eben jenem „Oh Germany Must Be Wither“ (was immer mir der „Künstler“ damit sagen möchte…) und „The Transcendence Of The Fimbulwinter“. Und selten war die Versuchung, den Stop-Button zu betätigen, so groß.
Um ehrlich zu sein: Hätte der letzte Track auch nur annähernd ähnlich begonnen, wie der vorige zu Ende ging – ich hätte mir die CD beim besten Willen nicht zu Ende anhören können.
Auch diesmal trifft es mich jedoch nicht sofort mit voller Härte, sondern, wie schon beim ersten mal, lauert Gefahr im Verzug, hat sich Herr Trúa wohl zum Ziel gesetzt, sein Werk „The Transcendence Of The Fimbulwinter“ auf einer gewisse transzendentale Säule der Singularität zu errichten. So folgen also nach über 40 Minuten stumpfsinnigstem Gesäge also noch 16 Minuten monotones Geklimper, bis dann endlich Ruhe ist.
Dass es derzeit anscheinend groß in Mode ist, Songs über zehn Minuten zu schreiben, dürfte wohl mittlerweile kaum jemandem entgangen sein … eine dermaßen schamlose Ausreizung dieses Stilmittels ist mir jedoch lange nicht untergekommen. Das Werk wurde übrigens „The Death Of The Spirit“ betitelt – wer würde es ihm bei diesem Gebolze wohl verdenken. Einzig die zu Beginn aufgestellte These, ein schwaches Riff tue niemandem etwas zu Leide, sollte wohl in Anbetracht dieser Tortur noch einmal überdacht werden.
Wertung: 1 / 10