Wer einmal im Musikgeschäft drin steckt, der kommt da so schnell nicht wieder raus, so scheint es mir zumindest manchmal. Erfolg hin oder her, wer einmal auf der Bühne stand, der wird das wohl nicht mehr missen wollen. Was aber macht ein alternder Rockstar, wenn alle Bands, bei denen er aktiv war, das Handtuch geworfen oder ihn kurzerhand vor die Tür gesetzt haben? Für Ex-Fate-Sänger Per Johnasson war die Sache klar: Eine neue Band muss her. Und da der Knabe nun auch verheiratet ist, muss auch die Madame mit an Bord, ob sie singen kann oder nicht. Schnell schnappte der gute Mann sich noch ein paar Weggefährten wie Søren Hoff, der ebenfalls mal bei Fate spielte, Manticora-Basser Kapser Gram und den Tromler von Urkraft, Mikael Skou Jørgensen. Geboren war UREAS, der neue Stern am Power Metal-Himmel. Haha, sehr witzig…
Die Promo der ersten (und bisher einzigen) CD des Fünfers aus Horsens, Dänemark, flatterte mir letztens gemeinsam mit ein paar aktuelleren Veröffentlichungen ins Haus und wenn sie schon mal da ist, dann kann sie auch besprochen werden, dachte ich mir. Obwohl mich schon eine schlimme Vorahnung beschlichen hatte, denn ich kannte die Single „In My Life“ bereits (bin da mal bei Youtube drüber gestolpert) und… sagen wir mal: begeisternd war anders. Trotzdem wanderte das Ding letzten Endes in den Player und jetzt bin ich etwas ratlos…
Ratlos darüber, was zum Teufel das Ehepaar Johansson sich bei diesem Machwerk eigentlich gedacht hat. Viel wird’s nicht gewesen sein, denn was UREAS hier abfeiern spottet eigentlich schon jeder Beschreibung. Das technische Niveau ist dabei gar nicht mal so übel, Mister Johansson kann sogar halbwegs singen (sein Frauchen kompensiert diesen positiven Ausrutscher allerdings völlig mühelos), der Rest ist aber einfach nur grandios schlecht. Die Songs ähneln einander wie ein Ei dem anderen, so dass man meinen möchte, beim Studiogang waren nur etwa drei Lieder fertig geschrieben und Per Johansson überspielte das mit einem locker flockigen „Dann spielen wir sie halt alle dreimal“. Da reihen sich die Texte gleich noch mit ein, die an Klischeeträchtigkeit und poetischer Unfähigkeit kaum zu überbieten sind. In Grundschulenglisch wird über das alltägliche Leid sinniert und die Textzeilen, die dabei nicht mindestens dreimal pro Song verwurstet werden, kann man wohl an einer Hand abzählen. Textlich klingt „The Naked Truth“ wie eine Platte mit einem Sprung oder eine ganze Wagenladung Déjà-Vus.
Unterbrechen wir die Meckertirade doch mal für einen Augenblick, um zu schauen, ob man diesem Scheibchen nicht doch noch was positives abgewinnen kann. Tatsächlich ist die Produktion so übel nicht, ziemlich druckvoll und schön transparent, wenn auch etwas die Ecken und Kanten fehlen und diese unsäglichen elektronischen Effekte, in die Heidis (eh schon ziemlich ungenießbare) Stimme hin und wieder eingebettet ist gefallen ungefähr so gut wie das Gefühl in einen Nagel zu treten… Moment, ich wollte ja was Positives sagen. Ihr merkt vielleicht, dass es schwer ist. Aber tatsächlich gibt es ein paar Stellen auf der CD, die tatsächliche Kompetenz vermuten lassen. Die finden sich meist dann, wenn (wer hätte es gedacht) Frau Johansson mal die Klappe hält. Der Refrain des Openers „Intoxicated“ ist gar nicht so übel, genau wie der von „Survived“. Das ruhigere „Color Us Blind“ kann sogar über weite Strecken glänzen, auch wenn UREAS sich auch hier ein paar bewundernswerte Klopser leisten. Man kennt das ja, ein Song fängt akustisch, getragen an und steigert sich dann bis zum rasenden Crescendo. Das haben die Herren und die Dame hier auch versucht, haben das Prinzip aber irgendwie nicht ganz verstanden. So zieht der akustische Teil sich viel zu lang (auch wegen den zwar relativ coolen aber viel zu repetitiven Textzeilen), dann schließt sich ein total hingekacktes Highspeed-Solo an und als schließlich der Sturm losbricht… ist der Song auch schon wieder vorbei. Frustrierend…
Ja, das ist ein gutes Adjektiv, um diese CD zu beschreiben. Oder vielleicht auch „nervtötend“. „The Naked Truth“ nervt nämlich ganz gewaltig, einerseits wegen Heidis Geplärre, andererseits wegen den gleichförmigen Songstrukturen, so dass man das Gefühl hat, wieder und immer wieder dasselbe Lied zu hören. Das macht die CD dazu noch extrem langatmig und -weilig, denn obwohl sie es gerade mal auf 39 Minuten bringt, kommt sie dem geneigten Hörer ganz gern doppelt so lang vor. Kein wunder, ist doch in der Musik absolut keine Progression. Halt, doch, der letzte Track „Seven Days Weekend“ klingt dann endlich anders, ich breite aber barmherzig den Mantel des Schweigens darüber, denn er klingt schlicht und ergreifend schlechter, als alles, was man davor zu hören bekam. CD vorbei, dankeschön und auf nimmer Wiedersehen, UREAS.
Wertung: 2 / 10