Das Cover zum zweiten Longplayer der italienischen Progmetaller DAEDALUS hat ein gewisser Mark Wilkinson gestaltet. Genau, der Mark Wilkinson, der vor mittlerweile mehr als 20 Jahren auch die ersten Marillion-Alben verpackt hat und der Gruppe damit zu einem eindrücklichen Image verholfen hat. Das wird mit dem Cover von „The Never Ending Illusion“ leider nicht klappen, denn es sieht allerhöchstens nett aus und ist recht ausdruckslos. Ist zumindest die Musik besser?
Nunja, geboten wird hier klassischer Progmetal der alten Schule mit starkem Keyboardeinsatz und netten Melodien, die – abgesehen von einer Ausnahme – in Englisch mit deutlich italienischem Akzent von Sänger Davide Merletto vorgetragen werden. Wem der x-te episch-pompöse Aufguss von (seichten) Dream Theater oder Symphony X ohnehin egal ist, der braucht gar nicht weiter zu lesen. Allen, die an dieser Art von Musik immer noch Spaß und Freunde haben, sei gesagt: Auf der hier vorliegenden Scheibe gibt es so rein gar Neues zu hören, aber das, was DAEDALUS machen, machen sie eben gut. Treibende Gitarren treffen auf hymnische Keyboards und jubilierend-pathetische Gitarrensoli aus dem Neoprog-Lager. Das Ganze ist recht trocken produziert, was die Scheibe im Zeitalter der Hochglanz-Produktionen zwar recht altbacken klingen lässt – andererseits macht dieser Sound irgendwie auch den besonderen Reiz der Songs hier aus. Musikalische Gimmicks haben sich die fünf Jungs auch überlegt: So überrascht der dritte Track „Life“ zum Beispiel zwischendurch mit leicht spanischem Flair, während die Ballade „Cold Embrace“ mit echten Bläsern veredelt ist und der Titeltrack mit coolen Jazz-Einwürfen aufwartet.
Als Gastmusiker konnte die Band unter anderem Sänger Roberto Tiranti von den Powermetallern Labyrinth und Alessandro Corvaglia von La Maschera di Cera gewinnen, die auf einigen Tracks Gesang beisteuern. Stammsänger Davide Merletto hat keine außerordentlich ausdrucksstarke Stimme, meidet aber gekonnt allzu hohe Kreisch- oder Quietschgesänge. Gemischt wurde das Album von Roland Grapow, dem Gründer von Masterplan und ehemaligen Gitarristen von Helloween.
Die zehn Tracks von „The Never Ending Illusion“ bieten kurzweilige Unterhaltung, nicht allzu hart, leicht süßlich, handwerklich solide und kompositorisch rund. Die Platte startet verhalten, wird aber ab dem Mittelteil deutlich besser. Wer mit dem Gesang und dem insgesamt nicht unkitschigen Sound klar kommt, darf sich auf ordentlich gemachte Prog-Kost freuen, die ausnahmsweise einmal keine Ehe mit dem Powermetal eingeht – wie es ja bei Stromgitarren-Prog aus Italien sonst meist der Fall ist.
Anspieltipps: „The Dancers“, „Horizons In A Box“, „Cold Embrace“
Wertung: 7.5 / 10