Im Black Metal-Underground verbergen sich allerhand interessante, spannende und aufregende Bands und einigen Menschen mit Intuition und guten Ohren gelingt es immer wieder, aus dem großen Teich der Proberaumkrachbands die wahren Perlen herauszufischen. Das sind Bands, die trotz mangelnder Bekanntheit eine magische Aura und eine wahre musikalische Größe haben – HELVEGR zählen leider nicht dazu.
Schon der erste Blick ins Textbuch warnt vor: Hier wird mit abgedroschenen und dabei stilistisch nicht ein mal gut zusammengepfriemelten Klischees um sich geschmissen, dass man am liebsten mit den zum drölfzigsten Mal lyrisch wiedergekäuten Wölfen heulen möchte. Von der bei Pagan Metal obligatorisch gestellten Gretchenfrage nach eventuellen Tendenzen in bräunliche Ecken der deutschen Politiklandschaft möchte ich aber trotz dem Aufruf, dem „Germanien alter Tage […] dem Land voll Stolz und Reinheit“ zu gedenken, aber mal absehen – die Band macht keine ausdrücklichen politischen Bemerkungen und obendrein soll hier die Musik bewertet werden und nicht die Lyrik. Ausserdem sind die Texte von Varg genau so scheisse und die Band kann musikalisch trotzdem was.
Kommen wir also zur Musik: Nach dem uninspirierten 08/15-Geklimper des „Im Mondschein“-Intros setzen Gitarren und Schlagzeug ein und punkten erst mal mit einem räudigen, aber dennoch druckvollen Sound. Hier klingt alles, wie es klingen muss, bis das Gequake – pardon, der Gesang – einsetzt. Hölle. Tut mir Leid, aber dieses technikfreie Gequietsche erinnert mich an eine Mischung aus meinen eigenen allerersten zaghaften Gutturalgesangsversuchen und dem Geräusch, das ein Eichhörnchen macht, wenn es überfahren wird. Dem eigentlich ganz guten Lied mit ordentlich groovenden Gitarren und einer angenehmen, wenn auch etwas belanglosen Keyboardmelodie wird so die ganze dunkle Atmosphäre genommen; eine ungewollte Komik stellt sich ein, der es auch nicht hilft, dass das Lied ohne eine Änderung der Melodie oder einem interessanten Höhepunkt rasch sein Ende findet.
Besser wird’s dann mit „In die Schlacht“, das mit einem rockigen Riff und coolen Basssoli lockt und gegen Ende nach einem kurzen Akustikpart versucht, dramatisch zu werden. Dass dieser Versuch nicht ganz ausgekostet wurde, verzeihe ich mal, weniger verzeihe ich den mehr als schwachbrüstigen Klargesang, der aber dadurch ausgeglichen wird, dass wenigstens die Krächzgesangspassagen gedoppelt wurden, damit man den technischen Unzulänglichkeiten von Fronter Fyrst nicht zu schnell auf die Schliche kommt.
Noch mehr bessert es sich dann mit „Einsamer Wanderer“, das sich als eine gefühlvolle Folk-Ballade entpuppt und mit schönem Geigenspiel und sogar einem gar nicht so schlechten Text positiv überrascht. Dass der weibliche Klargesang etwas wacklig ist, stört hier nicht mal, im Gegenteil: der Charme des unprofessionellen macht sich breit und lässt den Daumen erstmals nach oben schwingen. Rettet sich das Album in der zweiten Hälfte doch noch in den grünen Bereich?
Diese Frage kann ich getrost mit „Nein.“ beantworten. Nach dem einsamen Wanderer folgt „Blut der Ahnen“, das eine kümmerliche Minute lang durchknüppelt und bei dem nicht mehr hängen bleibt als der billig übersteuerte Gesang. Mir scheint, das Komponieren des Liedes hat in etwa so lange gedauert wie das Stück selbst. Gähn.
Zum Schluss versuchen Helvegr hoffnungslos, in die Fußstapfen von Black Messiah und Equilibrium zu treten, indem sie dem mehr oder weniger geneigten Hörer ihr „Sauflied“ kredenzen. Und saufen muss man auch, wenn man sich ein paar untighte Ziehharmonika(?)-Melodien gepaart mit einem sich plötzlich verschlechterten Schlagzeugsound und belanglosem Gedresche und Gegröhle antun will.
Was genau den Equilibrium-Trommler Manuel DiCamillo dazu bewogen hat, auf diesem Album als Gastmusiker in Erscheinung zu treten, erscheint mehr als schleierhaft…
Nach 18 Minuten ist der Spuk zum Glück schon vorbei und der Gesamteindruck hat sich festgesetzt: Helvegr sind einfach noch nicht bereit für ein Studioalbum. Das hier ist ein unterdurchschnittliches Demo, auf dem durchaus ein paar Ideen mit Potential stecken, aber um daraus wirklich gute Songs zu machen, bedarf es nicht nur mehr Übung (Ich schiele in Richtung des Sängers), sondern auch mehr Arbeit am Songwriting. Ein, zwei Riffs und eine Bridge reichen einfach nicht immer aus, um ein gutes Lied zu machen, genauso wenig, wie ein Song hart klingt, nur weil eine Minute lang geknüppelt wird. Helvegr, investiert mehr Arbeit in euer nächstes Album, vielleicht wird’s dann ja was – denn gänzlich untalentiert seid ihr sicher nicht.
Keine Wertung