Review Ophis – Stream Of Misery

  • Label: Imperium
  • Veröffentlicht: 2007
  • Spielart: Doom Metal

Ein sehr intelligenter Mann sagte (oder schrieb) mal: „Wenn du einen ganz besonderen Menschen kennen Lernst, dann kannst du dir nur einer Sache sicher sein, nämlich dass er eines Tages tot und begraben sein wird.“ Das ist zwar wahr, aber eine ziemlich pessimistische Sicht der Dinge. Allerdings gibt es Musiker, die mit solch geartetem Pessimismus ihre Brötchen verdienen, indem sie das musikalische Gegenstück zu einem grauen Himmel, einem trostlosen Leben, Leid, Hoffnungslosigkeit, Tod und was weiß ich noch alles auf kleine silberne Dinger pressen und diese unter die Leute bringen. Eine davon nennt sich OPHIS, gegründet von Rain Of Ashes Drummer Philipp Kruppa im Jahre des Herren 2000, als die meisten Doomdeath-Bands entweder schon Größen des Genres waren oder ihren Zenit bereist überschritten hatten.

2007 kam das erste Album der Band auf den Markt, die es sich zur Aufgabe gemacht hatte, den Spirit der alten CDs von Samael, My Dying Bride oder auch Tiamat wieder zum Leben zu erwecken. Und erst mal drängt sich ganz klar die Frage auf: Braucht man eigentlich noch so eine Band, die der alten Zeit hinterher trauert, in dem Genre, das mit Größen wie MDB, Novembers Doom, Mourning Beloveth und Evoken schon so gut wie alles erreicht hat? Aber ziehen wir das Pferd doch mal von der anderen Seite auf: Was heißt schon „Brauchen“? Klar, die alten CDs der großen Helden sind eine Sache für sich, aber tut es irgend jemandem weh, wenn eine junge Band sich an ähnlichem Stoff versucht?

Und vor allem dann, wenn sie ihr ganzes Herzblut hinein legt und eine Kompetenz wie OPHIS an den Tag legt? Ja, ich nehme mein Fazit schon mal ein wenig vorweg, wenn ich sage: OPHIS sind gut. Verdammt gut sogar. Und ihr erstes Album „Stream of Misery“ ist ein beeindruckendes Manifest der Fähigkeiten der vier Jungs aus Hamburg. Denn entgegen dem Eindruck, den man angesichts der „Zielsetzung“ der Band erhalten könnte, verkommen OPHIS nicht zu einem bloßen Abziehbild der bekannten Größen. Sie spielen sehr aggressiven Doomdeath Metal, der in meinen Ohren teilweise schon an der Grenze zum Funeral Doom kratzt. Verwässernde Spielereien wie Geigen, Keyboards oder weibliche Vocals gibt es nicht, die ganze Bandbreite an bösartiger Atmosphäre, die „Stream of Misery“ erzeugt, wird nur von zwei Gitarren, einem Bass und einem Schlagzeug sowie Philipps heftigem Gekeife erzeugt. Cleaner Gesang ist Mangelware, wir bewegen uns hier wirklich in den Abgründen der menschlichen Seele.

Das mag jetzt alles nach hohler Phrasendrescherei klingen, aber es stimmt wirklich. OPHIS schaffen es auf „Stream of Misery“ von den ersten paar Sekunden des Openers „Godforsaken“ bis zu den letzten Takten von „Thy Flesh Consumed“ eine wirklich dichte Atmosphäre aufzubauen, die manchmal bösartig, manchmal aggressiv und manchmal so todtraurig ist, dass einem das Herz übergehen will. Aber man ruht sich nicht permanent auf der Wirkung aus, die verzerrte Gitarren und Zeitlupendrumming erzeugen. Hin und wieder steigert sich das Tempo auch (so beim Opener „Godforsaken“), ohne jedoch in die Verlegenheit zu kommen, als wirklich „flink“ eingestuft zu werden, und Drummer Nils beweißt ein Händchen für versiertes Klöppeln in jeder Lebenslage. Auch die Gitarren lassen sich zum ein oder anderen hochmelodischen Solo („Dolor Nil Finis“) oder zu genialen akustischen Einlagen (auch bei „Godforsaken“ hörbar, allerdings noch besser im Mittelteil von „Beneath Sardonic Skies“) hinreißen. Und das Sample des großen George C. Scott aus „Exorzist III“ am Anfang von „Pazuzu“ ist sowieso gottgleich.

OPHIS erfinden mit „Stream of Misery“ sicherlich das Genre nicht neu. Ja, sie besinnen sich auf die Anfänge dieser Musik zurück, ohne sich jedoch Neuerungen zu verschließen (so lang gibt’s den Funeral Doom ja nu auch noch nicht) und letzten Endes liefern sie einen absolut gut hörbaren Beitrag zum Doomdeath ab, der jedem Freund des Genres einen wohligen Schauer über den Rücken laufen lassen sollte. „Stream of Misery“ läd wahrlich zum Verzweifeln ein und die zehn Euro, die die Scheibe im hauseigenen Shop kostet, kann man auf jeden Fall schlechter anlegen.

Wertung: 9 / 10

Geschrieben am 6. April 2013 von Metal1.info

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