VOLKSTROTT starteten 1999 noch unter dem Namen Volxtrott als folkige Punk-Band. Von den punkigen Wurzeln ist heute freilich nicht mehr viel übrig geblieben. Mir begegneten VOLKSTROTT erstmals mit ihrem Debut-Album „Todeskunst“ von 2007. Dieses ist mir als bodenständiges Werk in Erinnerung geblieben, konnte aber im Großen und Ganzen nicht wirklich aus der Masse der Mittelalter-Veröffentlichungen herausragen. Was bei VOLKSTROTT aber anders ist, als bei etlichen anderen Mittelalterbands, sind die Lyrics. Es wird nicht zwanghaft jedes mittelalterliche Klischee aufgefasst, sondern die Texte sind mitunter neuzeitlich und vor allen Dingen auch sozial- und gesellschaftskritisch. Ob sie sich mit dem Zweitwerk „Im Angesicht der Barbarei“ auch musikalisch von der Masse abheben können, werde ich nun untersuchen.
Der Opener „Zusammen allein“ fesselt mich sofort mit seiner Lead-Melodie, die allerdings nicht von der Gitarre sondern vom Dudelsack beigesteuert wird. Das Stück ist ebenso eingängig wie stimmungsvoll. Überhaupt haben die traditionellen Instrumente wie Sackpfeifen und Violine einen massiven Anteil am Gesamtsound von VOLKSTROTT. Bei „Paradies“ führt zwar die Gitarre die Hookline, doch auch hier haben die Mittelalterinstrumente zur Melodiebegleitung und beim Solo ihre Auftritte.
Die Songs leben von wechselnden Atmosphären. So sind auch „Der Tod ist in der Stadt“ und das Instrumental „Herzenslust“ sehr stimmungsvolle Nummern mit ohrwurmartigen Lead-Melodien, während der Titelsong „Im Angesicht der Barbarei“ und auch „Tiefer als das Meer“ eher nachdenklich und tiefgründig anmuten. Mit metal-mäßigem Groove und etwas symphonischen Touch, hebt sich „Am Berge“ vom Mittelaltereinerlei ab. „Lebenswege“ und „Ohne Zweifel“ werden teilweise englisch, teilweise deutsch vorgetragen, gehören aber beide nicht unbedingt zu den stärksten Songs. Außerdem verstehe ich den erweiterten Sinn dieses obskuren Sprachenmischmaschs nicht. Die stärkste Komposition ist in meinen Augen „Ich liebe mich“, bei dem wieder metallische Härte und mittelalterliche Melodik hervorragend miteinander verbunden werden. Und der Rausschmeißer „Der Knabe im Moor“ kann durch seine zwielichtige Atmosphäre getrost als Dark Mittelalter Metal bezeichnet werden.
VOLKSTROTT haben mit ihrem Zweitwerk sicherlich einen Schritt nach vorne gemacht. Zwar gibt es noch zwei, drei Hänger, aber der Großteil der Songs ist interessant arrangiert und kann die Hörer durch ihre Eigenheiten in den Bann ziehen. Auch die Vereinigung der folkloristischen mit der rockigen Seite ist mehr als gelungen.
Von der technischen Seite gibt es nichts auszusetzen. Die Instrumentalisten beherrschen ihr Handwerk. Und der klare, emotionale und ausdrucksstarke Gesang von LeBen gehört mit zum Besten, das ich in der Mittelaltersparte bisher gehört habe. Auch die Produktion lässt keine Wünsche offen.
VOLKSTROTT befinden sich zweifelsohne auf dem richtigen Wege. Anhänger der Spielart sollten sich „Im Angesicht der Barbarei“ auf jeden Fall mal anhören.
Wertung: 7.5 / 10