Namedropping ist in Musikerkreisen gang und gäbe. Wer nichts ist oder noch mehr sein will, holt sich bekannte Namen der Szene ins Boot. Kaum stehen Mike Portnoy (Dream Theater) oder Steven Wilson (Porcupine Tree) in der Besetzungsliste, schon bekommt die Platte die Aufmerksamkeit des Gros der Rock-Musikjournalisten.
Auch TADASHI GOTO, ein japanischer Keyboarder, konnte sich auf seinem Zweitling „Innervisions“ nicht anders helfen, als massig bekannte Helden der Rockszene ins Studio einzuladen. Da wären: Tony Levin (King Crimson, Peter Gabriel, Liquid Tension Experiment), Chris Poland (Megadeth), Ty Tabor (King’s X) und Tony Franklin (The Firm) – aber auch unbekanntere Instrumentalisten wie Randy George, der mit Ajalon eine eigene kleine Progcombo hat und ansonsten gern Neal Morse im Studio aushilft; oder aber Marco Ahrends von den deutschen Progmetalllern Poverty’s No Crime. Dazu kommen noch einige andere, deren Herkunft und Aufgabe auch nach intensiver Recherche nicht so recht klar wird und die sowieso niemand kennt.
Und wofür der ganze Aufwand? Ganz einfach, bei dem vorliegenden Album handelt es sich um ein Instrumentalwerk, das lediglich einige „Spoken Word“-Passagen enthält. Da muss natürlich die Instrumentalfraktion mehr als ordentlich aufgestellt sein. Die Folge: Alle oben aufgeführten Gäste spielen entweder Bass oder Gitarre. Ty Tabor hat das Album zudem gemastert.
Und was ist dabei herausgekommen? Ein zwölf Songs starkes, diffuses, wirres und klinisches Keyboarder-Soloalbum! Herr Goto vermischt dabei so ziemlich alles, was dem werten Hörer so einfällt: Viele Formen des Rock und Metal, Jazz, Fusion, New Age, Ambient, Techno. Klingt spannend? Ist es aber nicht: Denn entweder bollern die Songs völlig seelenlos, chaotisch und laut drauflos, wie es z.B. der Opener „Karma“ tut. Das kann man cool und lustig finden. Oder einfach nur nervig. Einen gewissen Groove ist dem Material stellenweise nicht abzusprechen, und auch die Gitarrensoli sind äußerst hörenswert. Der Anteil an quitschigen Keyboardsoli ist aber eindeutig zu hoch. Und vor lauter Geilheit auf Rhythmuswechsel und Soundmatsch vergisst Herr Goto, dass eine Melodie zur Abwechslung auch einmal ganz nett wäre. Dennoch hat er an die Ruhepausen für die Ohren gedacht: Denn wenn es der Musikus einmal ruhiger angehen lässt, dann auch gleich so richtig: Der Anfang von „Werther Effect“ oder das tränenziehende „Inner Peace“ z.B. klingen wie direkt aus den tiefsten Achtzigern ins Jetzt gebeamt: Kristallklare Keyboardsounds mit dem üblichen Glockenklang schallen aus den Boxen, dazu noch schön kitschige Streicher und der über die gesamte Spieldauer hemmungslos drauf los hämmernde Drumcomputer. Fehlt nur noch das Bar-Jazzpiano, was auf dem Fuße folgt.
Der Kontrast zwischen den ruhigen Momenten und der Frickel-Manie der restlichen Tracks ist zudem so dermaßen hoch, dass die Tracks im Zusammenhang absolut keine Albumatmosphäre aufkommen lassen. Außerdem geht das Rezept sowieso nicht auf: Entweder, der Hörer steht auf die Frickelparts, oder auf die Ambient-Süßigkeiten, in keinem Fall aber wohl auf beides.
Zusammenfassend: Es gilt auch für „Innervisions“ die alte Weisheit, die besagt, dass Keyboardersoloalben meistens nix taugen. Ein Song zum Freiblasen der Ohren mag ab und zu ganz angebracht sein, ansonsten aber gibt es hier viele Noten, aber wenig Musik. Da helfen auch bekannte Namen nicht.
Wertung: 4.5 / 10