Denkt man an Metal aus Amerika, kommt einem wohl zumeinst erst einmal moderner Thrash-Metal oder New-Metal in den Sinn – Namen wie Slayer, Lamb Of God, Machine Head, Slipknot oder ähnliche schießen einem durch den Kopf.
Mit Black Metal bringt man das Land der unbegrenzten Möglichkeiten jedoch beim besten Willen nicht sofort in Verbindung. Doch genau diesem haben sich ABIGAIL WILLIAMS verschrieben, und das auf recht interessante Art und Weise: Optisch ähnelt die Truppe eher einer Hardcore- als einer Schwarzmetall-Formation, gänzlich auf Corpsepaint, Nieten oder andere traditionell zum Genre gehörende Trademarks verzichtend.
Der Titel des Debütwerkes, „In A Shadow Of A Thousand Suns“, klingt hingegen wenigstens ein bisschen nach Emperor, und auch das Artwork, eine etwas unübersichtliche Landschaft aus Eis, Lava, einem Wasserfall und einem, von düsteren Wassern umgebenen Schloss, weckt gewisse Erinnerungen an „In The Nightside Eclipse“ (wenn auch angemerkt sein muss, dass man hier im Vergleich zu dem detailverliebten Werk Necrolords definitiv den Kürzeren zieht – das hier verwendete Bild wirkt künstlich und steril, ohne Stimmung und Atmosphäre).
Auch musikalisch ist man mit dieser Vermutung zumindest nicht ganz falsch: Kann man zwar bei ABIGAIL WILLIAMS nicht die Progressivität (späterer) Emperor oder die eisige Kälte früherer Werke der Norweger erkennen, so findet man doch zumindest eine ganz große Portion Dimmu Borgir in der Musik der Amerikaner und bei genauerem Hinsehen sogar doch noch eine direkte Verbindung zu Emperor: Einerseits wurde die Band von Emperor persönlich als Support für deren legendäre Show im „House Of Blues“ in Los Angeles 2006 ausgewählt, andererseits konnte man deren Drummer Trym Torson sogar zu einem Gastspiel auf der Platte gewinnen.
Diese beginnt mit einem schönen, wenn auch etwas abgedroschenes Intro aus Keyboard-Klängen, das so oder zumindest so ähnlich auch ohne Probleme von beiden bereits genannten Gruppen stammen könnte und führt über eine anständige Drumroll in ein Riff, das ebenfalls ohne aus dem Rahmen zu fallen auf „A Serpant Offering“ stehen könnte.
Positiv fällt dabei sofort der Sound auf: Der wunderbar kräftige, volle Klang des Schlagzeugs weiß schon nach den ersten Takten zu begeistern, auch der Rest der Instrumente ist für ein Erstlingswerk überaus fett produziert – für die Produktion hat mal James Murphy (Ex-Testament, Death und Obituary) gewinnen können. Im Mittelpunkt steht bei den meisten Kompositionen jedoch das Keyboard, um das gekonnt und elegant die anderen Instrumente geschichtet wurden, so dass das Ergebnis nicht zu absolutem Kitsch verkommt, sondern durchaus stimmungsvoll und interessant klingt.
Stimmlich orientiert sich Ken Sorceron zwar auch recht offensichtlich an Dimmu Borgir, jedoch wirkt sein Gesang dabei etwas erzwungen und klingt so etwas ungelenker als der von Shagrath, was zwar nicht unbedingt stört, jedoch auf Dauer leider etwas eintönig wird. Man beschränkt man sich aber, wie auch die Norweger, nicht auf rein geshouteten Gesang, sondern setzt auch einige wenige Klargesangs-Passagen ein: Zwar führt dies, wie bei „A Thousand Suns“, dazu, dass das Ergebnis noch deutlicher nach Dimmu Borgir klingt, jedoch weiß man hier schlicht mit Talent zu überzeugen: Schade, dass dieses Stilmittel nur so selten angewendet wird, der Beginn des quasi-Titeltracks avanciert dadurch nämlich zu einem wahren Höhepunkt des Albums.
Man kann ABIGAIL WILLIAMS zwar sicherlich vorwerfen, zu nahezu jeder Sekunde Spielzeit am Rockzipfel ihrer Vorbilder zu hängen, jedoch muss man ihnen andererseits zu Gute halten, dass sie dabei nicht etwa krampfhaft versuchen, etwas ihnen fremdes zu kopieren, sondern schlicht sehr ähnliche Ziele verfolgen wie ihre Vorbilder:Wenn es ABIGAIL WILLIAMS schaffen, auf dem nächsten Album noch einen Schritt weiter in Richtung Individualität zu gehen, haben sie durchaus gute Chancen, auch in Europa erfolgreich zu werden.
Doch auch jetzt schon sollten zumindest Fans der oben genannten Bands, sowie des melodischen, keyboardorientierten Symphonic Black Metal im Allgemeinen auf jeden Fall ein Ohr riskieren, um selbst über „In A Shaddow Of A Thousand Suns“ urteilen zu können.
Wertung: 7.5 / 10