Fast zehn Jahre haben die Saarländer von TOMORROW’S EVE mittlerweile auf dem Buckel und in zehn Jahren kann viel passieren. Nicht nur 4 Alben wurden veröffentlicht sondern auch fast das gesamte Line-up im Laufe der Jahre ausgetauscht. Geschadet hat dies aber genauso wenig wie der Vertrag bei Point Music, denn das vierte und aktuelle Album „Tales From Serpentia“ klingt derart intensiv und erwachsen, dass man merkt eine seit Langem gewachsene Band vor sich zu haben. Dass der Name dennoch noch nicht so geläufig ist, liegt wohl hauptsächlich daran, dass die Band seit 2003 eine Pause eingelegt hatte und sich nun mit „Tales From Serpentia“ für höheres empfehlen möchte.
Musikalisch bewegt man sich irgendwo zwischen Prog-Metal a la Symphony X, Power Metal im Stile von Kamelot und einem gehörigen Melodic Metal Einschlag. Durch die Bank hat man es genregerecht mit sehr versierten Musikern zu tun. Besonders Sänger Martin LeMar kann in allen Stimmlagen sehr überzeugen und sorgt für eine durchweg düstere Atmosphäre, dass zusätzlich das bei Genrekollegen teilweise überbetonte Keyboard „nur“ eine zur Saitenfraktion gleichberechtigte Rolle spielt, sorgt zusätzlich für die nötige Härte in den Stücken. Interessante Rhythmen geben sehr eingängigen Melodien die Klinke in die Hand und immer wieder werden unerwartete Breaks, gefühlsduselige Chöre oder versierte Keyboard und/oder Gitarrensoli eingestreut. Hier wird weder zu vertrackt noch zu geradlinig agiert. Mit „Remember“ hat man dann noch die für meinen Geschmack etwas zu liebliche Pflicht-Ballade und mit „Muse“ das obligatorische 20 Minuten Stück auf den Silberling gebannt. Zwischen den Stücken wird abschließend noch recht erfolgreich versucht durch Erzählstimmen den Eindruck eines homogenen Konzeptalbums zu vermitteln.
Genug der Bestandsaufnahme. Ein großartiges Album könnte man also meinen, je länger ich „Tales From Serpentia“ allerdings höre umso mehr stellt sich mir die Daseinsberechtigungsfrage für TOMORROW’S EVE. All die überzeugenden Darbietungen bekommen einen etwas schalen Beigeschmack weil sie sich leider völlig in Beliebigkeit verlieren. Der Band gelingt es zu keiner Minute wirklich eigenständig zu klingen, sondern nur wie der zigste Progklon. Ich habe den Eindruck, dass die Band nach zehn Jahren einfach ganz genau weiß, was gut ankommt und dass einfach auf eine Scheibe gepackt hat, dabei aber leider übersehen hat, der Schose ihren eigenen Stempel aufzudrücken. Für große Experimente ist man wohl schon zu abgebrüht und so klingt zwar alles durchdacht und interessant aber eben auch ziemlich gewöhnlich. Die Ambitionen und den Wille zu Erfolg kann ich den Jungs ohne zu Zögern attestieren, um an den Erfolg der eigenen Vorbilder anzuknüpfen, reicht es aber leider nicht sie einfach nur zu kopieren!
Für Prog-Einsteiger oder gelegentliche Hörer ist „Tales From Serpentia“ ein absolut empfehlenswertes Album. Wer auf klassischen Prog in der Tradition der großen Namen steht, kann eigentlich auch bedenkenlos zugreifen, wer allerdings auch genreintern gelegentlich etwas Abwechslung vertragen kann und sich deshalb über einen neuen Stern am Progessive Metal Himmel freut, sollte etwas Vorsicht walten lassen.
Wertung: 7.5 / 10