Review Andras – Iron Way

Neun Jahre sind eine relativ lange Zeit im Musikgeschäft, das wird wohl niemand anzweifeln wollen. Da kann schon einiges passieren. Manche Band verschwindet in so einer Zeitspanne in der Versenkung, manche landet den ganz großen Coup und wird weltberühmt, manche schlägt sich einfach nur so durch und geht mit der Zeit, was man auch der Musik anmerkt. Im Falle von ANDRAS, den vier Jungs aus dem Erzgebirge, ist weder ersteres noch zweiteres passiert. Weder sitzen sie jetzt mit Gitarre und Bass in der Fußgängerzone und spielen sich ihre Brötchen da zusammen, noch tummeln sie sich auf dem Black Metal Olymp, nein, sie sind irgendwo dazwischen.

Was es nun mit diesen ominösen von mir angesprochenen neun Jahren auf sich hat, mag sich wohl der ein oder andere fragen, immerhin gibt es die Band doch schon seit 1994 und das letzte Album, „…Of Old Wisdom“, kam 2005. Ja, sicher das, aber in meiner Plattensammlung fand sich bisher nur der 1999er Output „Sword Of Revenge“ und der ist nun schon neun Jahre alt. Darauf spielten ANDRAS noch sehr lärmenden „Wir dreschen drauf bis keiner mehr steht“-Black Metal, der zwar irgendwie teilweise charmant war, aber mich im Großen und Ganzen nicht so recht überzeugen wollte. Aber als der neue Silberling „Iron Way“ auf den Markt kam, ergriff ich die Chance mal nachzuschauen, was aus dem Vierer aus dem Erzgebirge denn so geworden ist…

Was auffällt noch ehe man die fünfte Langrille der Jungs in den Player schiebt: Count Damien Nightsky heißt jetzt nur noch Nightsky. Schade, sein Pseudonym war meiner Meinung nach eines der absolut coolsten überhaupt, aber naja, wir wollen uns ja nicht an Namen aufhängen, worum es uns geht ist die Musik. Die beginnt auf „Iron Way“ mit dem sehr kreativ betitelten „Intro“. Bombastisches Fanfarengeschmetter begrüßt uns etwa eine Minute lang, dazu erzählt eine knorrige Stimme etwas über Wald, Wind, Wölfe, was weiß ich. Versteht man leider recht schlecht. Naja, alles in allem nett, aber leider etwas gesichtslos und austauschbar. Da hätte man sich was besseres einfallen lassen.

Dann geht’s mit „Miasma Track“ aber schon richtig los. „Verdammt noch mal, was ist denn hier los?“, war das Erste, was mir durch den Kopf schoss, als der Silberling zum ersten Mal in meinem Player rotierte. Vorbei sind die Zeiten des stumpfen gekloppes, hier geht’s zwar auch nicht gerade zimperlich zu, aber trotzdem… Verändert haben sich ANDRAS, oh ja, das haben sie. Ich kann jetzt zwar nicht einschätzen, inwiefern dieser Stil schon auf den vorigen Alben gespielt wurde (hab mich etwas schlau gemacht, auf „…Of Old Wisdom“ schienen sie auch schon in diese Richtung zu gehen), aber trotzdem war das schon eine ziemliche Überraschung für mich. Was uns beim Opener instrumentalisch geboten wird, klingt mehr nach Windir als nach der „Sword Of Revenge“. Yey, nicht übel, dazu gesellen sich erst mal cleane Vocals der Marke Vintersorg. Sänger Ecthelion klingt dem schwedischen Ausnahmetalent zum Verwechseln ähnlich. Nicht übel.

Das angeschlossene „Spellbreaker“ setzt dann noch einen drauf. Hier fühlte ich mich von Zeit zu Zeit an mittelalte Emperor („IX Equilibrium“-Ära) erinnert und die eine oder andere etwas rauere Gesangspassage hat etwas von Taneli Jarva (Ex-Sentenced, The Black League). Die Musik klingt sauber, aber nicht überproduziert, setzt sich gut im Ohr fest und bleibt drin. Die Keyboards halten sich dezent zurück (mit Ausnahmen natürlich, zum Beispiel das tolle, kurze Zwischenspiel bei „Across Those Highlands“), gehen aber nie vollends unter, der Bass ist überraschend gut hörbar und bietet eine paar nette Melodien. So gefällt das. Auch nach mehrmaligem Hören der ganzen CD muss ich sagen: „Spellbreaker“ ist wirklich ein Ausnahmetrack und steht für all das, was die neuen ANDRAS gut macht.

Wo Licht ist, ist aber leider auch Schatten. Auf den stößt man bei „Iron Way“ immer wieder im kleinen, wirklich auffällig manifestiert er sich aber bei „Return To Black Hill“, ein sehr netter Track, der am Anfang mit seinen pompösen Keyboards und den dezenten Gitarrenriffs etwas an Summoning erinnert. Im Mittelteil übertreiben ANDRAS es aber leider. Da wandelt sich die pompöse aber doch irgendwo negative Stimmung des Songs von einem Takt auf den anderen plötzlich in die Ausgeburt der Gloriosität und der Song erstrahlt in bester HammerFall-Manier. Ne, so schlimm ist es nicht, aber es ist einfach ein arger Stilbruch, der dem Hörer erst mal ein heftiges Schlucken entlockt.

Dass ANDRAS übrigens immer noch so heftig können wie früher beweißt der Track „Infested“ (bei dem es um Lykanthropie geht, wer hätte es angesichts des Titels und des gesampelten Wolfsgeheuls gedacht?). Etwas unter zwei Minuten preschen die Jungs komplett ohne Keyboardunterstützung in bester Black Metal Manier dahin und liefern einen sehr ordentlichen Nackenbrecher vor dem Herren. Der Track tut übrigens etwas, was ANDRAS nur selten gelingt: Trotz aller schnellen Passagen, allem Geboller verlieren die Songs nur sehr selten ihre Erhabenheit, ihre majestätische Atmosphäre. Bei „Infested“ ist das der Fall, aber das war wohl Absicht.

Textlich leiden ANDRAS unter den guten alten Non-Native-Speaker-Mängeln, was man im (sehr hübschen und sehr liebevoll gemachten) Booklet zu lesen kriegt hat seine Schwächen, aber gut, man versteht die Texte glücklicherweise eh kaum und die… wie soll ich sagen… „gebirgige“ Atmosphäre kommt trotzdem gut rüber. Immer wieder fühlt man sich mit einem wohligen Schauer an unterirdische Mienen und an hohe, schneebedeckte Gipfel erinnert. Da punkten die Jungs wieder und so bekommen sie von mir trotz der Mängel noch gute:

Wertung: 8.5 / 10

Geschrieben am 6. April 2013 von Metal1.info

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert