In letzter Zeit schießen junge Bands genau so zahlreich aus dem Boden, wie die vielen (teilweise doch arg unnötigen) neuen und „evolutionären“ Genrebezeichnungen, die sie mit sich bringen. Da fragt man sich, als Redakteur genau so wie als normaler Konsument von Musik, doch, wie man sich in diesem ganzen Stildschungel noch zurecht finden soll. Was früher einfach „Death Metal“ hieß, wird heute in drölfzig Untersparten zerrissen, vor die bestenfalls noch zwei Adjektive geschoben werden. Dabei kommt es letztendlich nur auf eine Sache an: die Musik, ganz egal, wie auch immer man sie taufen mag. Und genau da gilt es eben auch für die vielen Newcomer-Bands in diesen (und anderen) Sparten, sich vom Einheitsbrei abheben zu können.
ANIMA ist eine weitere Band, die auf die an Fahrt gewinnenden Newcomer-Welle aufspringen will. Gegründet vor gerade mal drei Jahren im beschaulichen Nordhausen, Thüringen, haben die Death Metaller (wem es beliebt: Deathcore’ler) heute einen Deal mit Metal Blade Records in der Tasche und bringen anstelle der geplanten MCD ihr Debüt-Album „The Daily Grind“ auf den Markt. Der aufmerksame Leser hat es sich jetzt bestimmt schon gedacht, und ja, es stimmt: vor allem aus Deutschland schaffen es immer mehr Querstarter in die Regale.
Langrille eingelegt, Lautstärke aufgelegt und losgelegt. Sofort wird einem im gehobenen Tempo entgegebengebrettert, was das Equipment hergibt. Das Gitarrenduo Holl und Steinmann sorgt mit – stellenweise schon fast grindigem – Riffing für den entsprechenden Druck, während Drummer Kühnemund das Schlagzeug mit blasenden Double Bass- und Blast Beat-Attacken malträtiert und Sänger Robert Horn (unwirtschaftlich: er ist schon der vierte Sänger innerhalb von nur drei Jahren) sich die Kehle wund grunzt.
Spielerisch passt all das auch, wie durchaus hörenswerte Songs wie „Sitting In The Wardrobe“, der Titeltrack „The Daily Grind“ oder „Dismembered“ belegen. Auf der anderen Seite ist es aber schade, wenn man sich nach einem kompletten Hördurchgang fragen muss, ob das jetzt ein einziger Song war, oder zwischendurch auch mal ein neuer angefangen wurde – wer nämlich Abwechslung sucht, wird bei „The Daily Grind“ ewig suchen dürfen. Bis auf ein paar wenige Rhythmus-Wechsel, noch weniger variable Hooklines und den ein oder anderen Break bietet man dem gewillten Hörer nämlich wenig Grund, den Silberling öfters rotieren zu lassen.
Wollen ANIMA wirklich, wie auf der Promobeschreibung angegeben, zu den kommenden Führern der „new x-treme“ aufsteigen, müssen sie die Arschbacken zusammenkneifen, an der Abwechslung der Songs und – ganz wichtig – am eigentlich Songwriting arbeiten, das lediglich negativ auffällt – da hilft es auch nichts, eine nackte Frau auf das Cover zu klatschen. Ein gewisses Potential kann (und will) man der Band gar nicht absprechen, aber der Weg in die Zukunft wird steinig sein, die Zahl der Kritiker und Skeptiker ist – berechtigterweise – groß. Dennoch – oder gerade deshalb? – dürfen wir mit Spannung abwarten, ob ANIMA als Eintagsfliege verkommen, oder das Zeug zu einer eigenständigen Band haben, die Trends setzt, anstatt mit ihnen zu gehen.
Wertung: 4.5 / 10