Gerne fährt man mal zu unseren Nachbarn in die Tschechische Republik um günstig das Auto aufzutanken, Beverovka und Karlsbader Obladen zu erstehen oder in manchen Falle auch „sonstige Dienstleistungen“ zu nutzen. Doch man sollte Tschechien auch als Kulturnation sehen, die unter anderem die bekannten und genialen Komponisten Bed?ich Smetana und Antonín Dvo?ák hervorgebracht hat. Und Karel Gott, mit dem „Symphonic Epic Power Metaller“, so die Selbstbezeichnung, SYMPHONITY, leider nichts zu tun haben. „Biene Maja“ mit schweren Gitarren hätte mit Sicherheit auch mal seinen Reiz, wäre aber eher eine Aufgabe für die Grindfuckers oder JBO.
SYMPHONITY, die noch bis vor kurzem unter dem Namen Nemesis unterwegs waren und bereits 1994 gegründet wurden, gehen wesentlich ernster als diese Spaßtruppen an ihre Musik heran und liefern mit „Voice From The Silence“ ihr zweites Album ab, das mit einem schönen, wirklich stimmigen Instrumental eingeleitet wird.
Zugegeben, Power Metal meide ich meist genauso, wie man ungeschützten Verkehr mit einem äthiopischen Transvestiten vermeiden würde, doch hier traue ich kaum meinen eigenen Ohren. Irgendetwas müssen diese Tschechen mir in den Gehörgang geschüttet haben, was mir wirklich hervorragend gefällt. Was Power Metal angeht sollte ich meine Vorurteile schnell überdenken, denn spätestens beim treibenden, pulsierenden „Bring Us The Light“ reißt mich die Band vollkommen mit. Mehr davon bitte! Kein nerviger Eunuchen-Gesang, sondern mit Olaf Hayer ein Sänger, der sein Handwerk versteht und mit den Vocals viel Power mit auf ihren Weg durch die Boxen mitgibt; von der Instrumentalfraktion ganz zu schweigen.
Die Referenzen heißen Stratovarious, Rhapsody, Dionysus und Sontata Arctica – Bands mit denen ich kaum vertraut bin, doch auch mir als Laien sagen, dass sie für Qualität stehen. Qualität, die die Tschechen auf jeden Fall haben und über die gesamte Dauer des Albums halten können. Besonders gut gefällt mir, dass die Songs selbst allesamt über fünf Minuten lang sind und in ihren Aufbau abwechslungsreich gestaltet sind. Das Resultat sind 9 großartige Hymnen mit viel Melodie, Gitarrengefrickel und treibenden Schlagzeugbeats.
SYMPHONITY schaffen es vielleicht nicht mich zum Power Metal zu bekehren, aber ihre Scheibe wird mit Sicherheit auch weiterhin brav im CD-Player rotieren. Und zwar bis zum Ende, denn dort gibt es noch ein „Partypiece“, das dann doch ganz erstaunliche Ambitionen als Coverbands für deutsches Liedgut aufzeigt.
Gib mir die Hand
ich bau dir ein Schloss aus Sand
Irgendwie Irgendwo Irgendwann!
Nena wäre stolz auf euch! Mehr muss ich dazu wohl nicht sagen. Auch abseits davon überzeugen SYMPHONITY, wie schon bereits angesprochen. In einem veröffentlichungsarmen Sommer 2008 könnte dies sogar eine der besten Platten überhaupt sein, wofür man der Band auf jeden Fall gratulieren sollte. Freunde des Powermetals, und solche die es noch werden möchten, sollten sich die Platte gönnen und ihren Spaß damit haben, wenn man nicht gerade das nicht so gelungen Cover betrachtet.
Wertung: 8.5 / 10