Nach über 3 Jahren ist nun endlich die neue Platte von DES TEUFELS LOCKVÖGEL mit dem Titel „Schwarze Kunst“ im Herannahen. Wie der Titel schon vermuten lässt, dreht sich auch auf diesem Werk mehr oder weniger alles um die düsteren Machenschaften unterschiedlicher Personen oder kurz gesagt: Alchemie.
Der erste Track hat den schönen Namen „Spruch I“, und er hält, was er verspricht: nämlich den ersten Spruch, auf den noch 9 weitere hochtrabende Poesien folgen sollen, die jeweils als Einleitung für die folgenden Lieder dienen und diesen als alchemistische Prozesse zugeordnet wurden. Passenderweise wurde das erste Stück „Der Alchemist“ getauft. Schade nur, dass zum Auftakt ein unterdurchschnittlicher Track gewählt wurde. Es handelt sich hierbei um eine einigermaßen angenehme melodische Komposition, die besonders im Refrain nach einem Kochrezept für ein teuflisches Gericht klingt, welches nach dem Hören allerdings bereits wieder vergessen ist. Unter dem aussagekräftigen Titel „!“ (ja, so wurde das Lied tatsächlich benannt) kann man sich zunächst keine Vorstellung davon machen, was auf einen zukommt. Erst durch den Untertitel „Der Spielmann von Pertenstein“ lassen sich zumindest die formgebenden Grenzen erahnen. Besungen wird ein Spielmann, der im häufig erwähnten Bayernland getötet werden soll, da er laut Klerus mit dem Teufel im Bunde steht. Dies ist jedoch die für damalige Zeiten typische Begründung für eine Sache, die der Geistlichkeit nicht geheuer war. In vorliegenden Falle vermutete die Obrigkeit den Satan in einem Lied des Spielmanns. Der Song beginnt recht vielversprechend, wiederholt sich aber auf Dauer. Konzentriert man sich beim Hören mehr auf den Text als auf die Musik, ist das Lied jedoch durchaus annehmbar.
Mit dem Titeltrack „Schwarze Kunst“ erreicht das Album seinen Höhepunkt. Auffällig ist hier die dargebotene Sanftheit. Vor allem die Harfe rundet das musikalische Gebilde mit den orientalischen Einflüssen ab. Einzig und allein die künstlerische Freiheit ist störend, die sich durch Verse ohne Reime bereits in den ersten Zeilen äußert. „Ich liebte heimlich ein Mädel / sieben lange Jahr. / Ich wollt gestehen die Liebe / doch sie war nicht mehr hier“ erschafft eine Unstimmigkeit, die vor allem am Anfang eines Tracks nicht auftauchen sollte. Dennoch verdient es der Text, gehört und wirklich wahrgenommen zu werden (auch wenn nach dem Hören einige Fragezeichen in der Luft stehen werden). Besonders interessant ist hier die Verteilung der Rollen. Während Marcus van Langen die Aufgabe des Erzählers übernimmt, singt Juliane la Fey auf recht beeindruckende Weise die Rolle des dunklen Meisters, der im Lied seine Anweisungen gibt. Sie zeigt hier und auch an späteren Stellen, dass sie stimmlich durchaus wandlungsfähig ist.
Mit der „Rabenballade“ vertonten die Lockvögel ein traditionelles Stück, das wohl in Bälde von fast jeder mittelalterlich angehauchten Band gecovert wurde. Abgesehen davon, dass es sich um ein von Haus aus angenehmen,wie auch traurigen Song handelt, kann man sagen, dass der Truppe um van Langen eine durchaus gelungene Neuinterpretation bezüglich der Rhythmik geglückt ist. Betont wird bei dieser Version weniger die Traurigkeit, sondern vielmehr die Dunkelheit um das Geschehen. Dadurch und durch die Betonung des Wortes „tot“ wird eine durchweg negative Atmosphäre erzeugt. Mit der Neuinterpretation des zweiten traditionellen Stücks „Tempus est iocundum“ ist der Hörer an dem Punkt angelangt, an der er sich ernsthaft überlegt, die Scheibe nicht zu Ende zu hören, sondern zum Wohle seiner Ohren auf den Rest zu verzichten. Höfliche Kritiker würden es „interessant“ nennen. Ich nenne es „für meinen Geschmack: katastrophal“. Das Stück, das ebenfalls von allen möglichen Bands einmal in ihr Repertoire aufgenommen wurde und auch in etlichen angenehmen Versionen zu hören ist, wird vor allem durch das Gestöhne der Sängerin, das eher wie ein schlecht vorgetäuschter Orgasmus klingt, zum schlechtesten Song auf der ganzen Platte abgewertet. Der angenehme Abwechslungsreichtum der Tempi kann in diesem Fall auch nichts mehr retten.
„If my complaints“ ist eines der zahlreichen Durchschnittskompositionen, die auf dem neuen Silberling der Lockvögel zu hören sind. Jedoch fällt hier, glücklicherweise auch zum einzigen Mal, der weibliche Gesang negativ auf. Nach dem Vorgänger erscheint es einem dennoch fast wie eine Wohltat für die Ohren, so dass man gnädig darüber hinweg sehen kann. Eine durchaus angenehme Stellung nimmt die Geschichte um die „Drei Spilleyt – Des Teufels Lockvögel“ auf der CD ein. Eine stimmige Melodie, die dem einen oder anderen bestimmt bekannt vorkommen mag, untermalt die Geschichte um drei Spielleute, von denen einer (oder doch alle drei?) ein düsteres Geheimnis in sich birgt. Auch der Text des eingängigen Refrains lädt zum Mitsingen ein: „Ja Dadadei“ beherrscht eben diesen und sorgt für eine nötige Auflockerung im musikalischen Programm. Ohrwurmfaktor beinahe garantiert.
Mit dem „Knochenmeister“ haben Marcus van Langen und seine beiden Mitstreiter etwas geschaffen, was zeitweise an die Musik aus dem Film „Die fabelhafte Welt der Amélie“ erinnert, die aber im Gegensatz zum Original schwer und düster klingt, im Gegensatz. Aussagekraft hat der „Knochenmeister“ allerdings soviel wie ein Hundeknochen, nämlich gar keine. Den Abschluss bildet „Opus Magnum“. Der Anfang klingt viel versprechend und lädt zum Mitklatschen ein, aber auch hier bleibt der Aha-Effekt aus. Das Stück plätschert so vor sich hin, wird an manchen Passagen schneller und wieder langsamer. Das war’s im Großen und Ganzen dann auch schon. Zusammengefasst bildet Schwarze Kunst ein zwar in sich stimmiges Werk, das aber leider kaum Höhepunkte aufweist. Betont wird die düstere Stimmung, die sich vom Anfang bis zum Ende durchzieht. Gesanglich zeigt sich auf dieser Scheibe besonders Juliane la Fey bemerkenswert abwechslungsreich und auch das musikalische Talent der anderen Mitglieder wird nicht in Frage gestellt.
Trotz dieser Lichtblicke hat die Band die mittelalterlich-mystische Musik nicht neu erfunden, wohingegen die Sprüche, die sich mit den Liedern abwechseln, etwas noch nicht so oft Dagewesenes sind. Auch wenn mir der tatsächliche Sinn der Sprüche noch verborgen bleibt, geben sie dem Album eine poetische Note. Allerdings ist dies wiederum Geschmackssache. Wer auf Auflockerungen bzw. Unterbrechungen im düsteren Liedfluss steht, für den ist die Scheibe eine Empfehlung wert. Ansonsten lässt sie sich wohl (mit einigen Ausnahmen) gut hören, wenn auch nicht bis in die letzten Züge genießen.
Wertung: 6.5 / 10