Review Marduk – Nightwing (Re-Release)

  • Label: Blooddawn
  • Veröffentlicht: 2008
  • Spielart: Black Metal

Seit mittlerweile 18 Jahren steuert Morgan Steinmeyer Håkansson, seines Zeichens Gitarrist und letztes verbleibendes Gründungsmitglied der schwedischen Black Metal Institution MARDUK, seine Band durch Höhen und Tiefen und hat es bislang jedes Jahr geschafft, mindestens eine Veröffentlichung auf den Markt zu werfen. Letztes Jahr war es die neue Langrille „Rom 5:12“, das Jahr davor die Live-DVD „Blood Puke Salvation“ und 2005 der Konzertmitschnitt „Warschau“. Für dieses Jahr kündigte der findige Saitenschänder erstmal ein paar Re-Releases an. Eines davon ist die remasterte Neuauflage von „Nightwing“, dem zweiten Werk mit Ausnahmesänger Legion am Mikro. Morgan packte sich diese Scheibe, nahm sie mit ins Studio und ging noch mal digital drüber, um ein wenig am Sound zu feilen. Ob sich das lohnte?

Auf diese Frage, das nehme ich jetzt mal vorweg, kann ich nur mit einem ganz klaren „Jain“ antworten. MARDUK war schon immer eine Band, an der sich die Geister schieden. Die einen lieben das kompromisslose Geballer der schwedischen Kriegsmaschine, die anderen halten sie für flach, eindimensional, vielleicht auch einfach nur schlecht. Ich zähle mich zur ersteren von beiden Gruppen, aber das ändert wohl nichts daran, dass „Nightwing“ schlicht und ergreifend ein absoluter Klassiker des Black Metals ist. 1998 aufgenommen und von Peter Tägtgren mit einer sehr amtlichen Abmischung und Produktion versehen, schufen die vier Brachialmusiker mit dem mittlerweile fünften MARDUK’schen Langspieler ein düsteres Meisterwerk extremer Tonkunst, das es wie keine andere CD der Band versteht, eine wirklich bedrohliche, sinistre Atmosphäre aufzubauen.

Los geht’s mit einem kurzen Intro, das nett Spannung aufbaut, bis diese dann in den ersten paar Sekunden des Openers „Bloodtide (XXX)“ auf einen Schlag gelöst wird. MARDUK bolzen gleich los, als ob es kein Morgen gibt. Morgans düstere Riffs verbinden sich perfekt mit Fredriks Highspeed-Drumming und Legions fiesen Vocals. Wie schon zuvor erwähnt, die Atmosphäre machts und die wird ziemlich fix aufgebaut, was mich bei den ersten paar Durchgängen schon überraschte, weil die Musik größtenteils aus unmelodischem Geballer besteht. Aber MARDUK schaffen es, den Hörer über die ganze Lauflänge hinweg bei der Stange zu halten. Sei es mit dem pfeilschnellen „Of Hells Fire“ oder dem epischeren „Nightwing“ (übrigens der beste Track des Albums – faszinierend, was man mit einer Gitarre, einem Bass und einem Schlagzeug alles anstellen kann).

Die zweite Hälfte der CD geht dann noch mal in die Konzeptecke, die Geschichte von Vlade dem Pfähler, besser bekannt als Dracula wird erzählt. Allerdings nicht die, die man von Bram Stoker kennt, sondern die des wahren Draculas, des rumänischen Nationalhelden, der gegen die Türken kämpfte, um sein Land zu befreien. Nach viereinhalb Alben voll mit blasphemischen, anti-christlichen Texten war diese Ausrichtung auf tatsächliche Historie mal eine nette Abwechslung und auch wenn die Texte an den typischen Non-Native-Speaker-Mängeln kranken sind sie doch ziemlich nett und Legion liefert sowieso eine mehr als solide Leistung ab. Am Ende der Scheibe gibt es sogar noch mal eine kleine nette Überraschung, wenn MARDUK bei „Anno Domini 1476“ das Geballer komplett wegpacken und eine sehr gemäßigte, militärische Nummer anhängen.

So ergibt die ganze CD ein sehr stimmiges Gesamtkonzept und sowieso fährt sie (wie schon öfter erwähnt) eine wirklich unvergleichliche Atmosphäre auf und macht einfach immer wieder Spaß. Die Produktion des Ganzen war schon 1998 sehr amtlich. Ecken und Kanten waren da, aber alles wirkte doch sehr druckvoll und transparent. Mit dem neuen Mix hat Morgan aber noch mal einen draufgepackt. Viel geändert wurde nicht, es wirkt nur alles etwas lauter und basslastiger, das gibt den Songs aber noch mal einen ordentlichen Tritt in den Hintern. Die Ecken und Kanten wurden belassen, so dass die Songs nicht zu glatt durch’s gehör flutschen. Also hat der Mann mit dem neuen Mix prinzipiell alles richtig gemacht.

Der alleine ist aber noch kein Kaufanreiz für all diejenigen, die das Album sowieso schon besitzen. Also wurde noch eine Bonus-DVD dazu gepackt, eine Aufnahme des Konzerts vom 5. April 1998 in Rotterdam. Die DVD ist prinzipiell ganz nett aufgemacht, aber das Konzert selbst ist leider sehr katastrophal ausgefallen. Aufgenommen wurde die Chose von einer einzigen Kamera von irgendwo links oben. Die Bildqualität bewegt sich auf unterstem Niveau, der Ton is kratzig, flach und größtenteils unverständlich. Wenn man die Songs kennt, dann wird man zwar auf einige prägnante Stellen stoßen, aber allgemein ist da akustisch kaum was tolles draus mitzunehmen. Die Performance der Musiker ist in Ordnung, auch wenn MARDUK nie wirklich als die Band mit der größten Bühnenpräsenz überhaupt bekannt war. Legion zeigt sich allerdings noch etwas zurückhaltend. Ich weiß nicht, ob’s an der recht kleinen Bühne lag, oder ob der junge Mann damals noch etwas steifer in der Hüfte war, aber auf jeden Fall ist er nicht so flink unterwegs, wie zuletzt noch. Schade drum. Und auch die Kameraaction beschränkt sich auf gelegentliches Wackeln und hin und wieder mal einen Zoom, nach dem man aber immer noch nichts erkennt. Ansonsten wird nur heftig mit der Bühnenbeleuchtung geblitzt, was vor allem Epileptikern wenig Spaß bereiten dürfte. Alles in allem mehr ein Kuriosum als wirkliche Kunst und damit leider auch ebenfalls kein wirklicher Kaufanreiz.

Damit kommen wir dann auch schon zum Fazit: Der neue Soundmix ist nett aber nicht unbedingt nötig, die DVD ist mehr was zum in-den-Schrank-stellen als was zum anschauen. Wer die „Nightwing“ sowieso schon sein Eigen nennt kann an dieser Neuauflage guten Gewissens vorbei gehen. Wer das nicht tut, der sollte einen Blick in den Geldbeutel werfen. Die 1998er-Version ist nämlich schon recht günstig zu haben und prinzipiell genau so empfehlenswert wie diese Neuauflage, nur eben nicht ganz so hübsch aufgemacht. Dass jeder, der auch nur halbwegs was mit grimmigem Black Metal anfangen kann, diesen Meilenstein in der Karriere MARDUKs im Haus haben sollte, versteht sich von selbst.

Wertung: 9.5 / 10

Geschrieben am 6. April 2013 von Metal1.info

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