Treffen sich vier Schweizer in einer Kneipe vom richtig alten Schlag. Der eine träumt von Jazz, der andere von nervenzerfetzendem technischen Death Metal, der nächste von frühem 70er Prog Rock und der letzte von obskurer, unzänglicher Musik mit irren Strukturen und polyrhythmischen Riffs. Was passiert: Eine Band wie ENIGMATIK beschließt, genau das zu ihrem neuen Stil zu machen. Diesen nennen sie „Brutal Jazz Metal“, was ja schon sehr bedeutungsschwanger klingt.
Ja, „Slitherin“, der dritte Longplayer dieser 1998 gegründeten Band, ist auf keinen Fall leichte Kost. Es werden wohl weder richtige Death Metal Fans, noch gewöhnliche Prog Fans genauso wenig wie jazzverrückte Gitarrenlehrer nach dem ersten Durchlauf sagen können, ob dieses Album zusammenhangsloser Müll oder ein geniales Werk ist.
Ich gestehe: Ich wusste das auch in keinster Weise. Mit weniger als drei Durchläufen sollte man es gar nicht erst versuchen, da sichdieses Album einem auf keinen Fall von selbst erschließt. Dieser Brocken braucht verdammt viel Zeit und Energie.
Das liegt ersteinmal an den vielen Influenzen: Schwere, rhythmisch komplexe Death Metal Riffs, tiefe, verzerrte Growls, entspannende Jazz-Einlagen, alte rauschende Vinyl-Aufnahmen, Sprachsamples, Elektronika und vieles mehr. Kann das alles so zusammengeführt werden, dass das Liedgut auch nur halbwegs zu ertragen ist? Oh ja! Denn an Kreativität mangelt es den vier Schweizer Herren nicht. Progressiv, vielschichtig, originell- gibt es dann an „Slitherin“ überhaupt etwas zu meckern? Ein paar Dinge schon.
Ein paar catchige Melodien hätten dem Album nämlich gut getan. Zuviel Kopflastigkeit verdirbt einem gelegentlich eben doch ein wenig den Hörgenuss. Die Herren sind einem immer einen Schritt voraus, es ist schwer, ihnen und ihrer Musik zu folgen. Das kann anfangs ein wenig deprimierend sein. Desweiteren hätte ein wenig mehr Druck den Gitarren nicht geschadet, und das eigentlich stets dominante Schlagzeug wurde zu leise und leicht matschig abgemischt. Der Bass wurde jedoch wirklich gut in das Klangbild eingearbeitet und ist stets mit seinem warmen Klang präsent.
„Slitherin“ zu bewerten, fällt mir sehr schwer. Es ist zweifelsohne ein hochkomplexes, überlanges und vielgesichtiges Album, dem man die Genialität aus kompositorischer Sicht nicht absprechen kann. Aber es fehlt eben ein wenig an leichterverdaulichen Klängen und der Möglichkeit, sich der Musik einfach mal hinzugegen.Für Leute mit der nötigen Ausdauer eine gute Investition, für den durchschnittlichen Metalhörer jedoch nicht sehr empfehlenswert.
Wertung: 7.5 / 10