ANSUR spielen progressiven Metal mit Einflüssen aus dem extremen Bereich, und „Warring Factions“ ist das zweite Album dieser ambitionierten jungen Band. Das Vorgängerwerk „Axiom“ war noch etwas extremer und unausgereifter, vorliegendes Werk ist dies jedoch keineswegs.
Im Gegenteil, dieses Album ist durchdacht vom ersten bis zum letzten Ton, jeder Kniff und jede Finesse(und derer sind es Einige) sitzt einwandfrei, die Produktion ist differenziert und sauber. Hinzu kommen positive Eigenschaften wie eine enorme stilistische Vielfalt: Lust auf loungige Jazzeinlagen mit Saxophon? Kein Problem. Bossa Nova gefällig? Aber gerne. Oder soll es doch lieber Country im amerikanischen Stil sein?
Ich denke, man versteht mich. Die Jungs werfen viele interessante und unterhaltsame stilistische Spielereien in ihre metallischen Klangkonstrukte, nichts scheint zu „fremdartig“, um nicht hineinzupassen. Der geneigte, geübte und ausdauernde Hörer kann hier so manche originelle Idee finden. Hier gibt es nämlich keine Grenzen, alles nur erdenkliche ist möglich, man kann dieses Werk zig mal anhören und immer noch vor einem einzigen großen Rätsel stehen. Lust bekommen?
Dann muss ich jetzt leider eine traurige Tatsache aussprechen: Trotz aller handwerklichen und technischen Kompetenzen, trotz all der Einfälle und der enorm progressiven Songstrukturen gibt es hinter diesem Riesengerüst aus Riffs und Ideenfetzen nicht viel zu entdecken. Wenn man sich einmal bis zu dem Punkt durchgequält hat, wo sich langsam die Strukturen und Zusammenhänge zu lüften beginnen, sieht man ein, dass „Warring Factions“ einfach der Spirit und die Emotionen fehlen.
Es fällt mir schwer, dieses Werk zu beurteilen: Auf der einen Seite bin ich beeindruckt vom Perfektionismus dieser jungen norwegischen Band, auf der anderen Seite jedoch ist es irgendwie enttäuschend, nach all der harten Hör-Arbeit und den ganzen Durchläufen das Gefühl zu haben, nichts erreicht zu haben. Es ist nur solange mitreißend, wie man Hoffnung hegt, ein großes Wunder zu finden. Der Aufbau der Songs an sich ist ein kleines Wunder, doch die Emotionen dahinter leider nicht.
Die Herren von Ansur haben sicher sehr lange, hart und ausdauernd gearbeitet, um dieses verschachtelte Stück Tonkunst zu erschaffen. Aber vielleicht haben die Ambitionen ihren Blick zu sehr auf das Mathematische, Konstruierte in der Musik gelenkt, ohne dabei an den Teil zu denken, der noch viel mehr zählt: Die Seele. So bleibt „Warring Factions“ ein technisch makelloses, gutes Album- jedoch ohne außerordentliche Tiefe. Aber wer weiß schon, wie Ansur’s nächstes Machwerk klingen wird? Ich bin jedenfalls gespannt.
Wertung: 6.5 / 10