Mein erster Kontakt mit den sechs (mittlerweile sind sie nur noch zu fünft) Holländern von WHISPERING GALLERY war eher humoristischer Natur. Denn ehe ich die Musik des Sextetts hörte, schlug mir das Bandfoto bei den Metal Archives entgegen. Sechs junge Männer, die mittels Photoshop vor einen recht psychedelisch geratenen Hintergrund geklatscht wurden. Der amateurhafte Charme des Ganzen und die Genrebezeichnung „Doom Metal“ trieben mich dazu, mal ein Ohr zu riskieren. Und da die Samples gefielen, griff ich kurz darauf für ’nen Apfel und ein Ei das Debutalbum mit dem unhandlichen Titel und dem unsagbar kitschigen Cover ab.
Gleich drei Sänger geben sich bei WHISPERING GALLERY die Klinke in die Hand, resp. in den Hals. Reinier grunzt, keift und knurrt was das Zeug hält, seine beiden Kollegen Hubert und Pascal bewegen sich da im eher gemäßigten Bereich und steuern mehr leiddurchtränkten Klargesang bei. Hm. Keyboards, Double-Bass, verzerrte Gitarren, Screams und cleane Vocals… Das klingt doch verflucht nach Doomdeath.
Es ist aber nicht alles Doom was leidet (hö hö…). Und Death findet man abgesehen von den gutturalen Lauten aus Grunzer Reiniers Kehle eigentlich auch nicht. WHISPERING GALLERY zelebrieren auf ihrer ersten Langrille etwas härteren Gothic Metal, der sich zumeist im Midtempo herumtreibt. Das Keyboard kleistert das Soundbild mit sehr herzergreifenden Klängen zu, gegen die die Gitarren (an denen übrigens zwei sehr versierte Musiker stehen) teilweise mehr schlecht als recht ankommen. Die Abmischung ist teilweise etwas suboptimal geraten, aber im Großen und Ganzen kommt meistens doch jedes Instrument ordentlich durch. Die Vocals wurden allerdings gut in den Vordergrund gepackt und das macht auch die größte Stärke der Scheibe aus: Reinier, Hubert und Pascal sind verflucht gute Vokalisten vor dem Herrn und tragen die ganze CD durch ihre beeindruckenden Leistungen. Selten wurde schöner gelitten.
Da liegt aber auch die Crux des Ganzen: WHISPERING GALLERY musiziern so absolut bittersüß, dass einem glatt die Galle hochkommen kann. Man kann eben nicht erwarten, so dicht am Kitschsumpf zu balancieren, ohne sich hin und wieder ein schlammiges Hosenbein zu holen. Und mein lieber Scholli, WHISPERING GALLERY latschen hin und wieder bis zur Kniekehle mitten rein. Vor allem das OMD-Cover „Maid of Orleans“ verursacht mit so schmalzig vorgetragenen Textzeilen wie „She dreamed to give her heart away/Like an orphan on a wave“ ganz gerne mal Zahnschmerzen. Aber auch das eigene Material von WHISPERING GALLERY kann da teilweise ganz gut mithalten…
Die starken Augenblicke entschädigen dafür glücklicherweise beinahe vollauf. Wenn Reinier beispielsweise beim großen Finale des letzten Tracks „Your Shapeless Body“ ein hoffnungsvolles „Love never dies“ keift und dabei ganz groß von Hubert unterstützt wird, dann, ja dann zeigen die Holländer sich von ihrer besten Seite. Solche Augenblicke gibt es glücklicherweise recht häufig über die ganze Scheibe verteilt (schon der Opener „A World of Immortality“ ist große Klasse), aber wie gesagt, ganz können sie die kitschigen Einschläge nicht wett machen. So bleibt zu sagen, dass WHISPERING GALLERYs Debutalbum eine leider etwas durchwachsene Angelegenheit ist. Die Stärken überwiegen, aber alles in allem hätte die CD komplett einen Tacken düsterer ausfallen können. Dann wäre der Silberling eine wahre Wucht. So kann man ihn jedem empfehlen, der gerne Gothic Metal mit drei außergewöhnlich guten Vokalisten erleben möchte und recht kitschresistent ist.
Und ich hab’s tatsächlich geschafft, nicht einmal den bedrömmelten Albentitel ausschreiben zu müssen, yes!
Wertung: 7 / 10