Bereits seit 1990 lärmen die Norweger ANTESTOR, damals noch unter dem Namen Crush Evil und mit einer gesunden Mischung aus Death- und Doom Metal im Gepäck unterwegs, im nordischen Metal-Untergrund herum. 1991 schon änderten sie aber ihren Namen und auch das Line-Up vollzog sich einigen Wechselspielen. So standen 2004 vier echte Mitglieder und drei weitere Sessionmusiker im Studio und spielten die dritte Langrille unter dem Titel „The Forsaken“ ein. Musikalisch hat sich seit den Anfangstagen einiges geändert. Gespielt wird jetzt teils melodischer, teils symphonischer Black Metal, der sich von den Genrekollegen besonders durch eine Kleinigkeit unterscheidet: Wie der alte Bandname schon nahelegte, sind ANTESTOR gläubige Christen.
Nachdem alle glühenden Anhänger des grimmigen, trven, satanischen Black Metals jetzt angewidert weglasen, können wir uns jetzt wohl in kleinerer, intimerer Runde dem hier vorliegenden Werk widmen. Der erste Schmunzler tritt wohl schon beim ersten Blick auf das Artwork vorne auf dem Booklet auf, das übrigens (oh wie christlich) vom gern gebuchten Coverkünstler Necrolord beigesteurt wurd. Denn hier parodiert der Schwede gekonnt sein eigenes Werk, das auf Dissections „Live Legacy“ prangte. Tja, da guckste in die Röhre, Sensenmann. Weiteren Anlass zum Stirnrunzeln bietet die Line-Up-Sektion des Booklets: An den Drums saß bei dieser Aufnahme die Mayhem-Legende Hellhammer. Die Wege des Herren sind wahrlich unergründlich…
Genug gefrotzelt, es geht uns ja um die Musik, nicht oder? Der Opener „Rites of Death“ beginnt mit einer einzelnen Frauenstimme, deren reiner engelsgleicher Klang dem Hörer direkt mal einen wohligen Schauer über den Rücken jagt. Und dann setzt die Band ein und trümmert mit einer Kunstfertigkeit und einer technischen Finesse, bei der große Teile der satanischen Konkurrenz wohl etwas bleich um die Nase werden dürften, alles in Grund und Boden. ANTESTOR rocken gewaltig. Die Gitarren sägen, das Schlagzeug wummert (und Hellhammer zeigt sich in Hochform), das Keyboard hält sich größtenteils angenehm im Hintergrund und wirkt eher unterstützend und Sänger Vrede krächzt mindestens so fies wie der Feind. Und das wollen Christen sein? Hm…
Naja, ANTESTOR revolutionieren jedenfalls den Black Metal nicht, das muss leider gesagt werden. Denn das, was sie auf „The Forsaken“ abliefern, zelebrierten beispielsweise Dragonlord vier Jahre früher auf der „Rapture“ schon ganz ähnlich. Vor allem, wenn Vrede cleane Gesangspassagen abfeuert, erinnert sein Organ doch sehr frappierend an Kollege Peterson, sprich: sehr gut. Genau wie der Rest der Musik. Innovationen sind eher rar gesäht, aber ANTESTOR gehen einfach verdammt eingängig und mitreißend zu Werke. Sei es das stampfende „Via Dolorosa“, das düstere „Betrayed“ oder aber auch „As I Die“ (das mit einem sehr kuriosen Power Metal Riff beginnt), jeder Song ist ein echter Hinhörer. Das Songwriting stimmt einfach, da kommt nie Langeweile auf. Und die geniale Produktion erledigt da den Rest. Mit „Raade“ und „Mitt Hjerte“ sind sogar noch zwei fragile, wunderschöne Instrumentals mit an Bord.
Wer jetzt meint „Hm, klingt nett, aber… Buäh! Christen!“, der lasse sich sagen: Der christliche Hintergrund der Songs stört überhaupt nicht. Da gibt’s kein „Oh Jesus, wir lobpreisen dich“, es geht, dem alten Bandnamen treu, größtenteils um den Kampf gegen das Böse. Und ob jetzt der olle Deibel die Christen schlachtet oder umgekehrt, sollte all denen, die einfach nur wirklich geile Musik hören wollen, doch relativ Schnuppe sein.
Damit ist das Schlusswort eigentlich schon gefallen: ANTESTOR machen geile Musik. Super produzierten, technisch hochwertigen Black Metal mit etwas anderen Texten, der zwar das Rad nicht neu erfindet, aber mordsmäßig Spaß macht. In diesem sinne: Gott zum Gruß.
Wertung: 9 / 10