Ein italienisches Mittelklasse-Label und ein Sänger, der sich seiner 4 ½ Oktaven reichenden Stimmgewalt rühmt – kann das gut gehen? Die schlimmsten Befürchtungen stellten sich ein, als ich den beiliegenden Promozettel studierte und auch noch ein Konzept von geraubten Töchtern und schwarzer Magie lesen musste. Die erste Überraschung gab es jedoch bereits, als ich las, dass die aus dem mittleren Westen der USA stammende Kombo nicht italienische Countertenöre, sondern Iced Earth und Nevermore als Referenz angibt (zugegeben der Verweis auf Manilla Road hätte mich wieder stutzig machen müssen…)! Die nächste Überraschung folgte direkt nachdem ich etwas von „… the must have 2008 release…“ gelesen hatte und die Scheibe im Player langsam Geschwindigkeit aufnahm: Von „must have“ war nämlich genauso wenig zu hören wie von Nevermore! Vielmehr war ich nach dem ersten Durchlauf sowas von abgeschreckt, dass ich die Scheibe mit der Überzeugung einen lockeren Verriss zu produzieren erstmal ganz nach hinten ins Regal schob…
War es mein eigener Masochismus oder eine Gemeinheit meiner Mitbewohner, jedenfalls rotierte die Platte deutlich öfter als gewollt in meinem Player und mit der Zeit begann sie zu wachsen. Nicht vom Felsen zum Gebirge, sondern eher vom Staubkorn zum Kieselstein, aber immerhin. Die je vier mal wiederholten und mit Synthie-Glockenspiel gespielten vier Tonleiterläufe schufen zwar immer noch nicht den Hauch von Atmosphäre, aber sie störten mich auch nicht mehr und ich begann mich fast schon auf das kauzig rumpelnde und viel zu laut gemischte Schlagzeug zu freuen, dass die relativ monotonen aber immerhin treibenden Riffs begleitete. Auch der Gesang, der eben doch jenseits von hoch angesiedelt ist und mit dem Hall sämtlicher Kathedralen dieser Erde aufgepimpt zu sein scheint, verursachte nach dem wiederholten Durchlauf keine stechenden Kopfschmerzen mehr, sondern eher ein leichtes Stirnrunzeln. Und wenn man sich an die ungewöhnliche Mischung und seltsamen Klänge gewöhnt hat, gibt es durchaus einiges Hörenswertes auf „The Red Mist Of Endenmore“ zu entdecken. Vielleicht nicht die recht monotonen Gitarrenriffs und auch nicht die oft total deplatziert wirkenden Drumläufe, aber interessant klingende, genreuntypische Gesangslinien und die ein oder andere nette Melodie, die sich ins Ohr schmeichelt.
Sowieso ist der Gesangsakrobat hier eine Klasse für sich! Ich bin nach wie vor fest davon überzeugt, dass nicht alle Gesangslinien von Danie Power stammen, sondern eine rockige Frau als Duettpartner auftritt, was den Liedern aber ganz und gar nicht schadet. So richtig blühen die beiden auf, wenn die Instrumente in den Hintergrund treten oder gar völlig fehlen. Dann kann der Mischer nichts falsch machen und auf ein harmonisches Zusammenspiel (wirklich keine Stärke von POWERS COURT) muss auch niemand mehr achten! In diesen Momenten zeigt sich dann die ganze Klasse der Amerikaner und man kann ansatzweise verstehen, warum jemand diese Platte kaufen sollte, oder warum die drei Herren zwölf Jahre nach ihrer ersten Veröffentlichung immer noch Musik machen.
Empfehlen kann ich das Album trotzdem niemanden. Zu schlecht ist die Produktion, zu schief klingen die Chöre und zu gut sind die unzähligen Undergroundbands ohne Vertrag, die eure Unterstützung deutlich nötiger und noch viel deutlicher verdient haben. Ungeachtet dessen, ist das Album höchst interessant und würden die Jungs Black Metal machen und hätten das Album auf Kassette veröffentlicht, ich bin mir total sicher, dass ihnen genau ihre Eigenwilligkeit eine große Fanbasis schaffen würde. Im viel kommerzielleren Power Metal sind sie da aber leider völlig falsch, instrumental viel zu angepasst und schlicht zu schlecht um als Geheimtipp zu enden.
Wertung: 4.5 / 10