Review Jahresringe – Der Dunkelheit beraubt

  • Label: Eigenproduktion
  • Veröffentlicht: 2006
  • Spielart: Black Metal

„Der Dunkelheit Beraubt“ ist das Debütalbum des Ein-Mann-Projektes JAHRESRINGE, dessen einziges Mitglied Stefan Johannes, der dem einen oder anderen vielleicht von seinem Hauptprojekt LICHT- UND SCHATTENSAITEN bekannt sein könnte, ist. Manche Leute hegen ja einen chronischen Groll gegen Ein-Mann-Projekte: Zu viele der Alleinunterhalter trauen sich zu viel zu, verkünsteln sich aufs Peinlichste und versuchen schon vom ersten musikalisch unerträglichen Werk an, um sich herum einen Personenkult zu erschaffen. Ganz anders jedoch Stefan: Man sieht ihn auf dem Cover, eingebettet in das eigentliche Bild. Und das war’s dann auch schon. Er verliert kein weiteres Wort mehr über seine revolutionären Ideale, er redet diedeutsche Black Metal Szene nicht schlecht, nein, er lässt einfach seine Musik für sich sprechen. Und das macht ihn in meinen Augen sehr sympathisch und ehrlich.

Selbstverständlich sagt das alles nichts über die Qualität der Musik selbst aus. Ein paar Sorgen und Vermutungen kann man jedoch schon nach dem Opener „Erinnerung an Nächte“ tilgen: Stefan präsentiert einem keinen Burzum-Klon, keine unerträgliche Produktion und keine miserablen künstlerischen Selbstfindungstrips. Im Gegenteil:Der Opener besticht durch interessante, durchdachte Riffs, eine ziemlich vielfältige Gesangsdarbietung, die von kehligem Geknurre bis hin zu heiseren, lang gezogenen Schreien reicht und ein variables Schlagzeugspiel. Auch die nachfolgenden Songs kommen mit einer klassischen Metalinstrumentierung aus: Keine Keyboards, keine klassischen, keine „exotischen“ Instrumente tauchen auf. Selten setzt er cleane Gitarren ein, ansonsten gibt es nur puren Black Metal, manchmal mit einem leicht technischen Einschlag. Dafür benutzt er die Gitarren sehr vielfältig: im Titeltrack „Der Dunkelheit Beraubt“ verwendet er am Ende seine verzerrten Gitarren dazu, einen sphärischen Klangteppich zu weben, der perfekt ausklingt. Im letzten Song „Das Ende- Zeitlosigkeit in Ewigkeit“, spielen die E-Gitarren apokalyptische, dissonante Riffs. Auch das Bassspiel ist sehr durchdacht und interessant, so dass Stefan es nicht immer hinter den Gitarrenwänden verstecken muss. Die Produktion ist nicht schlecht, manchmal gibt es kleine Unsauberkeiten, aber im Großen und Ganzen ist es für eine Heimproduktion wirklich gelungen und unterstreicht die Atmosphäre auf angemessene Weise.

Auch das lyrische Konzept ist eine Erwähnung wert: Die sehr metaphorischen Texte erzählen vom Verlust der Nacht und derdamit einhergehenden Krankheit des Lebens, so dass die Natur langsam zugrunde geht am Licht, das ihr keine Zeit zur Regenerationund zur Stärkung lässt. Am Ende erhebt sich die Natur und vernichtet die Menschheit mittels zahlloser Naturkatastrophen, um sich zu befreien vom Joch des ewigen Tages. So gesehen ist „Der Dunkelheit Beraubt“ ein Konzeptalbum.
Aber das Ganze hat neben der Lichtseite eben auch eine kleine Schattenseite (dieses Wortspiel musste einfach sein): Manchmal hat man das Gefühl, Stefan hat sich doch ein bisschen zu viel zugetraut. Man merkt das in erster Linie an den Drums: Wenn Stefan ein gewisses Tempo spielt, ist alles in bester Ordnung. Spielt er allerdings langsamer, so verfehlt er gelegentlich ein wenig den Takt, was leicht schief wirkt. ImOpener wird das besonders deutlich. Schade, denn solche kleinen Patzer fallen eben immer besonders auf und stören jedesmal aufs neue ein wenig den Hörgenuss. Außerdem wirken manche Übergänge zwischen den Riffs holprig. So könnte man weiter nach Kleinigkeiten schauen, worauf ich jedoch gar keine Lust habe. Anstatt jeden kleinen Patzer aufzuzählen sage ich hier lieber zusammenfassend, dass an manchen Stellen die Feinarbeit gründlicher hätte ausfallen können.

Ich kann dieses Album jedoch jedem empfehlen, der auf ehrlichen, rauhen und vielseitigen Black Metal steht. Denn hier wird leidenschaftlich musiziert, mit viel Tatendrang und einer Energie, die ihre Beachtung verdient. Ein Album, dem man ein Ohr schenken sollte. Bei mir fand es jedenfalls Anklang.

Wertung: 7 / 10

Geschrieben am 6. April 2013 von Metal1.info

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