Liebe Freunde, unser heutiger Power Metal-Import aus Finnland nennt sich ANCARA. Diese Band kann zwar mittlerweile schon auf ein über 20-jähriges Bestehen zurückblicken, doch war dieses Anfangs mehr durch Besetzungswechsel als durch Erfolge geprägt. Das heutige Lineup bekam seine Form im Jahr 2003 – im Frühling drei Jahre darauf stürmte das Debutalbum „The Dawn“ auf Platz 25 der finnischen Albuncharts. Die darauf folgende „The World“-EP konnte sich vier Wochen lang in Finnlands Top10-Single-Charts behaupten. Was aufgrund dieser Vorgeschichte nicht mehr sonderlich überrascht: auch das neue Studioalbum „Beyond The Dark“ hat es im Heimatland der Band wieder in die Charts geschafft – dieses Mal auf Platz 9.
Begrüßt wird man auf „Beyond The Dark“ mit dem Song „Circles“. Dessen zweistimmiges, sehr fröhlich erscheinendes Introriffing lässt, ganz zum Song passend, tatsächlich fast freudige Kreise schlagen, bevor die beiden Gitarristen Samuel Hjelt und Juha Wahlsten in den Hintergrund rücken. Das Feld wird nun vom gerölllawinen-artigen Bassspiel Mika Rajals übernommen und erinnert dabei in seinen Ansätzen an Korn. Sammy Salminens Gesang passt dazu wie die bildliche Faust aufs Auge. Abwechslungsreiche Töne zwischen Power Metal-typischem, höheren Gesang wechseln sich mit langsam gesungenen Parts ab, dazwischen immer wieder die flehende Bitte „Take my hand and hold an time“. Kann man da nein sagen? Schieben wir die Frage noch ein bisschen auf.
Track numero zwei, „Deny“, hat es in Finnland schon in die Radiostationen geschafft und klingt auch entsprechend, offenbart aber noch Weiteres: die tiefe Verankerung der Band im Metal der ´80 Jahre. Vergleichbar ist „Deny“ auch mit dem Song „Cranium Tension“, der ebenfalls einfach nur gute Laune macht, die womöglich gewünschte Härte allerdings abermals vermissen lässt. Nummern wie „Snowflower“ sind da schon um ein Vielfaches interessanter. Mit Hilfe des Orchester-Dirigenten Riku Niemi (der auch schon mit Nightwish und Stratovarius arbeitete) hat man eine wunderbare orchestrale Atmosphäre, die von den singenden Dünnsaitern passend unterstrichen wird, geschaffen.
Die darauf folgenden „Scarred“ und „Just For Me“ bieten aber – bis auf den aggressiv angehauchten Gesang in „Scarred“ – nichts mehr dieser liebgewonnenen Atmosphäre, instrumentalen Kraft und Spannung. Erst die beiden Bonustracks „The World“ und die Liveaufnahme „Burn In Hell“ heben die Scheibe wieder ein bisschen über den Durchschnitt. Während „The World“ in ungewohnt pompöser Aufmachung und einer Glanzleistung des Vokaljongleurs Sammy Salminen betören kann, mietet sich die – passend zum Titel – raue Art von „Burn In Hell“ auf ihre ganz eigene Weise einen Platz im Gedächtnis des Hörers. Der Power Metal der späten ´80 lässt abermals, und eindrucksvoll wie sonst nie auf dem Album, grüßen – absoluter Headbangfaktor, von dem man sich mehr auf wünscht.
ANCARA machen es mir nicht leicht. Auf der einen Seite machen sie absolut hörbare Musik, um die sich die Radiosender nicht umsonst streiten. Auf der anderen Seite aber bieten sie einfach zu wenig Power in ihrem Metal und klingen zu oft zu rockig. Vorzeigestücke wie „Circles“, „Snowflower“, „The World“ und „Burn In Hell“ bleiben letztendlich Ausnahmen und können den Gesamteindruck auch mit den beiden Videoclips von „Deny“ und „Just For Me“ nicht merklich anheben. Um abschließend wieder auf die Ausgangsfrage zurückzukommen: eine Kaufempfehlung kann für „Beyond The Dark“ leider nur eingeschränkt ausgesprochen werden. Freunde des anspruchsvollen Power Metals werden hier – im Gegensatz zu Freunden des radiotauglicheren – vermutlich nicht auf ihre Kosten kommen.
Wertung: 6 / 10