Review Kauan – Lumikuuro

  • Label: BadMoodMan
  • Veröffentlicht: 2007
  • Spielart: Doom Metal

Vor einigen Wochen: Klein Robin erwartet nichts Böses, da flattert ein verdächtiger blauer Umschlag ins Haus. Kyrillische Buchstaben darauf bescherten mir einige Verwirrung, konnte ich mich doch nicht entsinnen, etwas von einer Amazon-Lieferstellenauslagerung nach Russland gehört zu haben. Als ich das tütenartige Behältnis dann öffnete, löste sich das Rätsel: Die beim russischen Doom-Label Solitude Productions unter Vertrag stehenden Holländer von Heavy Lord hatten mir eine Promo ihres neuen Albums zugesagt, die dann einige Monate zu mir brauchte. Solitude-Mann Ilya nutzte die Gelegenheit und versorgte mich mit diesem und später einem zweiten Umschlag mit so vielen CDs, dass mittlerweile wohl die Hälfte aller bei Solitude erschienenen Alben durch meine Hände gegangen ist.

Darunter befand sich auch dieses Scheibchen: Das Debüt der Chelyabinsker KAUAN, zweier Russen, die sich finnische Lyrik zu eigen gemacht haben und diese in ein traumhaft schönes Akustikgewand kleiden. Ja, hier will ich tatsächlich einmal gleich am Anfang die Katze aus dem Sack lassen und verkünden, dass „Lumikuuro“ richtig toll ist! Kein langes Drumherumreden, das scheint mir hier überflüssig und der Musik nicht angemessen. Dieses Album ist eigentlich Effizienz in Reinkultur: Zwei Mann schaffen es, eine Klangwelt zu schaffen, für die andere Bands ein ganzes Orchester brauchen. Gut, man sollte nicht verschweigen, dass die beiden Herren sich die Hilfe von Gastmusikern geholt haben; so bemühte man einen Saxophonisten und einen Cellisten, um das Debüt zu vervollständigen.KAUAN spielen nicht im Geringsten das, was einem spontan unter „Doom“ einfällt, nämlich den äußert langsamen und tiefdüsteren Funeral Doom; nein, das Duo geht raffinierter zu Werke. Getragen wird die Musik von zurückhaltender Gitarrenarbeit, unterstützt von Keyboardteppichen. Dieses Grundgerüst klingt nun auf eine einladende Art und Weise schüchtern, träumerisch, angenehm unüberladen – gestört wird es eigentlich nur von Anton Belovs Gekeife, das zwar meiner individuellen „Gedankenlandschaft“ zu „Lumikuuro“ einen Strich durch die Rechnung macht, sich aber nichtsdestotrotz gut ins Gesamtwerk fügt. Viel mehr sagt mir Belovs Klargesang zu, der die verträumte Atmosphäre (besonders beim Titeltrack, aber z.B. auch bei „Koivun Elama“) noch um einiges verstärkt. Und kommen dann noch die unaufdringlichen, glockenspielartigen Keyboardmelodien hinzu, dann ist das traumhafte Erlebnis komplett und die Musik von KAUAN lässt einen nicht mehr los. Die Akustikversion schafft dies, auf elektrische Gitarren verzichtend, fast noch besser als der Rest – und gesungenes Russisch ist einfach wunderschön.

Gelegentlich rechtfertigen die Russen sogar die Benutzung des Begriffs „Lounge Doom Metal“ für ihre Musik: Im ruhigen Zwischenstück von „Aamu Ja Kaste“ oder zu Beginn von „Syleily Sumu“ erinnert das minimalistische Schlagzeugspiel zusammen mit cleaner Gitarre oder Keyboard fast an Jazz oder eben Musik, die als entspannende Hintergrundbeschallung in einem teuren Restaurant abgespielt wird. Das ist jedoch auf keinen Fall abwertend gemeint! Die Musik ist einfach traumhaft schön und weiß zu fesseln, hinzureißen und auf zurückhaltende Art zu begeistern. Ich möchte kaum glauben, dass es sich hier um ein Debüt handelt; sicher waren die beiden Russen schon vorher musikalisch viel unterwegs. Wenn nicht, werde ich mein Weltbild neu ordnen müssen, denn so viel musikalische Reife ist bei Debütalben eigentlich eher selten. Wer faszinierende, ruhige Musik sucht, die sich sowohl zum Nebenbeihören als auch zum darin Versinken eignet, der höre sich nach KAUAN um. Wunderschön!

Wertung: 8.5 / 10

Geschrieben am 6. April 2013 von Metal1.info

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