Mit „The Rising“ geht es mir genauso wie mit so manch anderen Eigenproduktion aufstrebender Bands, denn anstatt einer CD-R mit billigem Cover aus dem heimischen Tintenklekser gibt es ein Album in die Hand, das so in der Art auch neben jeder Produktion eines Major-Labels stehen könnte, ohne groß aufzufallen. Oder doch? Denn optisch macht die jungfräuliche, im Grundton weiß gehaltene Aufmachung des Debüts der jungen Band Y.M.I. so einiges her. Einen Sponsor hat man dem fränkischen Hopfenblütentee „Veldensteiner“ auch schon gefunden, so dass nur noch ein kleiner Rest Skepsis bleibt: Bis 2006 war man eine Coverband.
Doch an das Album sollte man frei von diesem Vorurteil herangehen und wer es trotzdem noch hat, dem wird bereits beim Opener „Day of Reckoning“ gezeigt, dass die Coverphase allerhöchstens die Qualität der Bandmitglieder als Musiker gefördert hat. Einfallslos ist man keineswegs und hat anscheinend nicht nur Geld für ein schönes Artwork, sondern sich auch einen richtig guten Sound gegönnt, bei dem man glatt vergisst, dass es sich um eine Eigenproduktion handelt. Außer hier und da ein paar nicht ganz so getroffenen Tönen beim Gesang gibt es auch von der technischen Seite nicht viel zu meckern, zumal wir ja nicht bei Dieter Bohlen und Konsorten sind. Stellt sich nurnoch die Frage, wie es denn nun vom Songwriting her aussieht.
Tja, Y.M.I. machen diese Art von Musik, am ehesten als Mischung aus modernen Rock und Metal zu klassifizieren, die einfach süchtig macht. Hier gibt es keine unnötig verkopften Stellen, an denen man sich als Hörer die Zähne ausbeißt, was auch durchaus reizvoll sein kann, und ebenso wenig lässt man Langweile aufkommen. Ganz im Gegenteil: Man würzt den Hackbraten aus Rock und Metal mit einer ganz großen Portion eingängiger, aber nicht zu aufdränglicher Melodien, die im Ohr hängen bleiben ohne sie zu verkleben. Diese fabelhafte Mischung tritt besonders deutlich beim Dreierpack aus „Loboto Me“, „Mind Astray“ und „Little Girl“ zum Vorschein. Erstgenannter allein war ein wesentliches Argument für mich, dass mein Eindruck nach dem Hören der Songs auf der MySpace-Seite der Band, nicht einfach nur „ganz nett“, sondern „verdammt, mehr davon!“ war. Und genau dem wird beim darauf folgenden „Mind Astray“, der seinem Vorgänger beinahe sogar übertrifft, Folge geleistet. Das Zusammenspiel der Bassläufe mit Sprachgesang gibt dem Lied einen brillianten Einstieg um danach mit immer wieder sehr gut eingesetzten kurzen Akustikpassagen einfach zu rocken, wie man eben rocken muss: Straight forward und mit einer gehörigen Portion Herzblut, die man bei jedem Moment spürt.
Diese Spielfreude ist einer der Gründe, warum „The Rising“ einfach nicht langweilig werden will. Ein anderer ist eine sehr breite musikalische Palette, die von aggressiveren Stücken wie „Why Am I“, das eine gelungene Kombination von Shouts und cleanen Vocals zeigt, bis hin zu einer druckvollen Rockballade wie „In Another Time“ reicht. Dort kommen die von mir oft geforderten Emotionen einfach in einer gleichermaßen verträumten als auch kämpfenden Art und Weise wunderbar herüber. Es würde zu weit gehen jeden Song einzeln zu beschreiben, so dass es bei dieser kleinen Auswahl bleiben muss, doch Ausfälle oder Durchhänger sucht man auf „The Rising“ vergeblich.
Was Y.M.I. hier abliefern verblüfft mich bei jedem Durchlauf erneut und obwohl die Musik bereits beim ersten Hören funktioniert, wird „The Rising“ sogar mit der Zeit noch besser. Kleinere Schwächen macht man problemlos mit einer großen Portion Spielfreude und Herzblut wett. Ich höre das Album einfach gerne, egal ob im Auto, unterwegs auf dem MP3-Player oder zu Hause und wem die gute halbe Stunde zu kurz ist, der hört es einfach nochmal. Einflüsse anderer Bands könnte man sicher nennen, doch anstatt hier mit der Lupe nach geklauten Riffs Ausschau zu halten, sollte man lieber der Band zu einem gelungenen Debütalbum gratulieren, das zeigt, dass Potential vorhanden ist und mit Sicherheit noch weiter ausgebaut wird. Für sehr günstige 8€ bekommt man ein wirklich professionelles Stück Musik, das jedem Freund rockiger und metallischer, eingängier Klänge gefallen dürfte.
Wertung: 8.5 / 10