Normalerweise ist es ja so wahrscheinlich, dass ich eine Powermetal-Review schreibe, wie dass Dani Filth mit den Kastelruther Spatzen auf Tour geht. Doch der M1-Redakteursposten hat eben immer wieder Überraschungen parat und so flatterte mir das neuste Output der norddeutschen Plattenschmiede Pure Steele Records ins Haus. TITAN STEELE sind die Verantwortlichen, die hinter „The Force“ stehen. Ich nehme an, dass die Band in Szenekreisen wohl schon etwas bekannter ist, handelt es sich doch um den überwiegenden Teil der verblichenen „Ritual Steel“. Für mich jedenfalls ein Buch mit sieben Siegeln, so dass der erste Berührungspunkt die Bandinfo war. Diese liess nicht viel Positives vermuten, die Jungs präsentieren sich in klischeefreudiger Manier vor der Schnapstheke einer Kneipe, beim Sänger wird vorsichtshalber schon einmal von einem Shouter gesprochen und die Trackliste liest sich ebenso erfreulich wie das Arbeitsblatt der Latein-Klausur, bei der man die Aufgaben nicht versteht. Mal ehrlich, bei Titeln wie „Devil Take Me“, „Take What Fate Brings“ oder „Metal“ kann es einem schon mal schwindelig werden.
Soweit die Theorie, so gut der Verriss? Mitnichten, denn die unvermeidlichen Lobeshymnen, die das Infoblättchen trällert, entsprechen in einigen Teilen durchaus der Wahrheit. Zwar würde ich die angepriesene musikalische Tiefe so nicht unterschreiben, meiner Meinung nach bleiben vor allem die als sehr eingängig beschriebenen Gitarrenläufe doch eher oberflächlich. Gerade das passt aber ganz gut ins Gesamtbild, denn gemeinsam mit der Rhythmusfraktion entsteht eine recht homogene Mischung, aus der dann und wann Bassist Stefan mit gekonnten Läufen ausbricht und den insgesamt sehr ordentlich durcharangierten Songs eine eigene Note verleiht. Dass das Herzstück fast jeder Band der Sänger ist, haben auch die Macher von Pure Steele erkannt und bewerben Sascha als einen der unterbewertetsten „Shouter“ der deutschen Underground-Szene. Meine bescheidene Meinung zu dem Thema: der Mann versteht sein Fach und bringt sein Organ an vielen Stellen sehr gut zur Geltung, aber eine Sache stört mich schon. Wie es wohl bei nahezu jeder Truppe dieser Sparte der Fall ist, schwingt er sein Stimmchen an einigen Stellen in tonale Höhen, die einer Maria Callas würdig wären. Besonders beim ersten richtigen Stück („Intro“ fungiert als solches und ist erstmal sehr nichtssagend) „Devil Take Me“ weiß man im Refrain nicht immer, ob der Erzeuger tatsächlich Besitzer der Chromosomenpaarung XY ist.
Dennoch ist Lob angebracht, vor allem der Vocalakrobat schafft es, aus durchschnittlichen Liedern wahre Ohrwürmer zu machen. Dabei ist es, wie oben beschrieben, nicht mal von Belang, dass die Gitarrenfraktion in der meisten Zeit eher „einfache“ Riffs zum besten gibt, eine übermässige Frickelei wäre hier einfach unsinnig, weil sie doch das Gesamtbild des eingängigen Songs arg stören würde. Abzüge gibt es leider trotzdem, denn die Klischeereiterei der Songtitel setzt sich bei den Inhalten derselben nahtlos fort. Sie sind alle da, die Wörter, die ein Powermetalsong scheinbar enthalten muss: Unicorn, Fate, Lightning, Fate, Steele, Steele, Steele… Warum muss dies bloß immer so sein, es wäre deutlich weniger ärgerlich, wenn man mal etwas zu hören bekäme, was nicht schon von „Hammerfall“ bis Onkel-Fritzchens-Kraftmetallkapelle verbraten worden wäre. Ebenso schlägt die etwas flache Produktion negativ zu Buche, sowie der Umstand, dass die späte Mittelphase der Scheibe etwas langweilig ist, so dass nach dem kraftvollen „Take What Fate Brings“ mit „The Sign“ nur noch ein wirklich gutes Lied kommt.
Anhänger des wahren Stahls schwingen sich selbstredend flott in ihre Spandex-Hosen, stülpen die Turnschuhe über und feiern ein kleines Fest am Veröffentlichungstag, denn es handelt sich wirklich um wahren Wahrmetal, mir ist TITAN STEELE aber einfach etwas zu klischeelastig, wenn gleich ich auch gerne zugebe, dass ich im Vorfeld ein wesentlich unguteres Gefühl hatte, als „The Force“ mir letztlich vermittelt hat.
Wertung: 6.5 / 10