Review As I Lay Dying – An Ocean Between Us

Wer kennt eigentlich die Metalcore-Veteranen (meines Erachtens sind sie das nämlich) AS I LAY DYING nicht? Ich schätze die Zahl hält sich eher gering – verglichen mit so manch anderer *core Truppe jedenfalls. Und das hat auch einen Grund: AS I LAY DYING ist eine der wenigen Bands aus dem Genre, die nie unter wirklicher Kritik leiden mussten – natürlich waren die bisherigen Outputs dementsprechender Qualität. Zuletzt kamen jedoch Zweifel auf, der Wechsel im Vokal-Bereich der Band wurde nur kritisch zur Kenntnis genommen und die Hörerschaft war nach ersten Samples auf MySpace etwas verunsichert – die schlimmsten Unkenrufe verbreiteten das Gerücht, dass sich die einstige Vorzeigeband einer dem Untergang geweihten Szene (es müsse laut Aussage diverser Metal-Die-Hards ein Wunder passieren) einem Stilwandel unterzogen hätten.

Ausgelöst hat diese Befürchtungen der zweite Song des neuen Albums – beim Titel genannt „Nothing Left“. Auf MySpace wurde der Track etwa einen Monat vor Release von „An Ocean Between Us“ online gestellt, und was sich dem Hörer bot war ein düsteres und (nahezu) gänzlich unmelodisches Klangbild. Ja – der Song klingt nicht unbedingt nach AS I LAY DYING, was diesen Eindruck zusätzlich verstärkte war die erste Möglichkeit den neuen Sänger (und gleichzeitig Bassisten) Josh Gilbert zu hören. In diesem einen Song ist sein Einsatz sehr zurückhaltend und nur wage angedeutet, was damals, so scheint es, einen falschen Eindruck des „neuen“ Klangbildes vermittelt haben muss.

Dem Käufer des neuen Albums tut sich unmittelbar nach dem Einlegen der CD ein völlig anderes Bild auf, denn mit dem Opener „Seperation“ geht es für die Band klassisch in die Richtung Mosh-Metal bzw. melodischer Metal – oder aber auch Metalcore, nennt es wie ihr möchtet. Fakt ist, dass das neue Material in eine ähnliche Kerbe schlägt wie der Vorgänger „Shadows Are Security“, aber trotzdem anders wirkt. Ich komme also nicht mehr von dem Gedanken los, dass der Verursacher dieses Phänomens die Neubesetzung ist – Josh! Besonders deutlich wird dies mit fortlaufender Spieldauer. Der Titelsong „An Ocean Between Us“ spielt groß auf, mit den Zeilen „Is this your salvation? Is this all you can give? I will not stand in reflection of someone else’s dream“. Der Refrain erinnert ganz ohne Zweifel an alte Zeiten, erinnert aber stets daran mit welchem Album wir es tatsächlich zu tun haben. Auch AS I LAY DYING bevorzugen es, tiefe Growls in Abwechslung mit melodischem Gesang zu bringen, schaffen dies allerdings auf eine völlig krampffreie und wirklich harmonierende Art und Weise. Dazu kommen schnelles Drumming und eine nicht zu unterschätzende Portion an heftigen Riffs.

Die CD bringt fortan nicht das allergrößte Maß an Abwechslung, verzichtet aber definitiv darauf alte und abgenützte Songgerüste zu verwenden, das oftmals so Störende und Unattraktive an diesem Genre wird überspielt. Diese wohlüberlegte Wortwahl („überspielt“ ist gemeint) habe ich getroffen, damit ich die andere Sichtweise zur Geltung bringen kann: AS I LAY DYING haben auf dieser CD nämlich auch nichts Neues umgesetzt, das sollte dem potenziellen Käufer aber ohnehin bewusst sein. Wer denkt, dass man 2007 ein revolutionäres Metalcore-Album in diesem von mir als Mainstream bezichtigten Sektor bringen kann, wird enttäuscht werden. Nur um meine Argumentation zu festigen: Der Song „I Never Wanted“ ist das allseits bekannte und oftmals auch gut ankommende „ruhige Interlude mit Klassik-Elementen“. Ganz so schlimm ist es zugegebenermaßen nicht, denn mit Piano und Violine geht man äußerst sparsam und überlegt um – zum Glück! Ganz anders: Nahezu als Mosh-Monster prädestiniert ist der Folgetitel „Bury Us All“, mit dem aggressiven Titel, der kurzen Spielzeit und dem Maß an Brutalität das Monstrum dieser Scheibe. Die Shouts von Tim erreichen (fast?) Death Metal Niveau und werden von hämmernden Riffs samt Blast Beats ins rechte Licht gerückt. Man kann sich denken, wozu dieses 2 ½-minütige Stück vor allem live dienen soll. Das Ende der CD vor Augen trumpft die Band noch kräftig auf – meiner bescheidenen Meinung nach ist „The Sound Of Truth“ einer der qualitativsten „typischen“ Metalcore-Songs der letzten Monate, vorallem instrumental macht das was her, und die beiden Vokalisten Tim und Josh zeigen wonach sich ein Duett zweier solcher Sänger anhören muss – Hut ab, bei all meinen kritischen Sichtweisen gegenüber dieser Art von Metalcore, das hier hat mich schwer beeindruckt. Auch, weil die CD eher untypisch mit Soli geschmückt ist, bei näherem Hinhören gibt es jede Menge Details zu entdecken und das Album zieht einen förmlich in seinen Bann. Vielleicht waren genau diese Momente die Absicht von AS I LAY DYING?

Kann gut sein, dass es den Jungs vor allem um den instrumentalen Tiefgang ging, denn bei 43 Minuten Spielzeit gibt es ständig neue Facetten und Details zu entdecken, ein- oder zweimal Hören genügt absolut nicht! Eine gewagte Aussage in Zeiten des Progressive-Aufschwunges, vorallem auch, weil „An Ocean Between Us“ kein innovatives oder gar revolutionäres Album ist, aber es ist unverkennbar ein AS I LAY DYING Album mit etwas verändertem Gesicht – und genau diese Tatsache macht es unter all den anderen Metalcore Alben so wertvoll. Der neue Mann am (Zweit-)Mikrofon und zugleich Bassist – Josh Gilbert – macht einen guten Job und bringt frischen Wind in das Klangbild dieser Band. Das Fazit: Melodisch, schnelle Riffs und brutale Mosh-Parts! Wer damit etwas anfangen kann sollte unbedingt zugreifen, nein, er muss es sogar. Alle anderen dürfen gerne probehören, vielleicht gefällt dieser unverbrauchte Sound auch Metallern aus „anderen“ Lagern!

Wertung: 8 / 10

Geschrieben am 6. April 2013 von Metal1.info

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