Review Ritual – The Hemulic Voluntary Band

Nach dem im letzten Jahr veröffentlichten Livealbum wird es 2007 wieder Zeit für ein neues Studiowerk der schwedischen Folkrocker RITUAL. Alle vier Jahre bringt die Gruppe ein neues Album auf den Markt. Der vierte Longplayer hört auf den kuriosen Namen „The Hemulic Voluntary Band“ und ist in ein seltsames Bilderbuchcover gekleidet. Der Albumtitel entstammt den Büchern von Tove Jansson, die in ihren Erzählungen von den Mumins ein Orchester erwähnt, dass „The Hemulic Voluntary Brass Band“ heißt. „Hemulens“ sind Kreaturen, die in der Welt der Mumins leben und die gelegentlich bei Festivitäten spielen.

Die vierte CD der Herren Lundström & Co. setzt die musikalische Reise von RITUAL in gewohnter Art und Weise fort. Die Songs leben nach wie vor stark von Folk und akustischen Elementen aller Art, gelegentlich gibt es Ausflüge in den Hardrock, die Worldmusic oder seichte Jazzansätze. Immer noch verwöhnt Patrick Lundströms technisch blitzsauberer Gesang die Ohren des Hörers – er singt hier wesentlich weniger pathetisch als auf den neueren Kaipa-Alben. RITUALs Musik passt viel besser zu ihm, und der Ausdruck und die Natürlichkeit der Kompositionen werden durch seinen Gesang noch verstärkt. Im Vergleich zu den früheren Alben hat die Band hier ihren Folkeinfluss noch stärker in den Mittelpunkt gerückt – viele Songs weisen lange akustische Parts auf und wirklich rockige Passagen, in denen es rein elektrisch wird, findet man nur noch am Rande.

Das eröffnende Titelstück präsentiert sich dann sogleich als eine Melange aus Folk, Progressive Rock und Canterbury-Einflüssen, klingt an einigen Stellen sehr 70ies-lastig und mit ein wenig Fantasie lassen sich sogar Anleihen an ruhige, frühe King Crimson oder Yes ausmachen. Der Refrain ist zuerst gewöhnungsbedürftig, dann beinahe zu greifbar, so dass er sich schnell an Reiz verliert. Nach 3 ½ Minuten gibt es eine nette kleine Glockenspieleinlage. Insgesamt ein seltsamer, irgendwie unpassender Opener, aber nicht wirklich eine schlechte Nummer. Weiter geht es mit dem beinahe sechsminütigen, äußerst vielfältigen „In The Wild“, das mit sehr greifbaren Piano-Akkorden beginnt, die uns auch im Refrain wieder begegnen. Der Song begeistert durch eine schöne, fließende Instrumentierung und einen tollen Instrumentalpart mit einem ruhigen Piano-Zwischenspiel und einem rauen Gitarrensolo zum Ende. „Late In November“ ist dann der richtige Stoff für alle Balladenfreunde. Die Melodie ist zweifelsohne nicht ganz kitschfrei, aber einfach schön. Die gelungene, einfach gehaltene instrumentale Untermalung macht den Song zu einem kleinen, stimmungsvollen Highlight auf dem Album. Mit „The Groke“ folgt ein eher schwer verdaulicher Brocken: Schwermütig, langsam vor sich hinrollend mit einem erzählenden Patrik Lundström und ziemlich eingefahrener Stimmung, die sich gegen Ende noch leicht ins Hektische wendet. Der Song wirkt etwas fehl am Platze, weil er die Stimmung des Albums an dieser Stelle aufbricht. Vielleicht war aber genau diese Wirkung beabsichtigt. „Waiting By The Bridge“ ist dann noch einmal ein Muntermacher und Gute-Laune-Song. Gelungen, nett, aber nichts Besonderes.

Jetzt geht es aber zum Magnum Opus des Albums und auch der Band selbst: „A Dangerous Journey“ dauert 26 ½ Minuten und ist zweifelsohne der beste Song auf „The Hemulic Voluntary Band“. Man mag sich darüber streiten, ob es sich hierbei um eine Ansammlung äußerst gelungen verwobener Einzelsongs handelt oder um einen geschickt aufgebauten Longtrack mit einem großartigen Spannungsbogen. Fest steht, dass er einfach wundervoll einfühlsam und mit viel Liebe zum Detail komponiert und arrangiert ist. Die ersten acht Minuten sind rein akustisch gehalten und sind die besten Momente des Albums. Lundström nimmt uns mit auf eine Reise, und wir lauschen der Geschichte, die in ein wundervolles musikalisches Kleid gebettet ist, gespannt und können mitfühlen. Mit dem Einsatz der elektrischen Instrumente ändert sich die Stimmung. Der Song klingt zunehmend rauer und verliert ein wenig seine kindlich-liebliche Sommerstimmung. Es folgen ausführliche Ausflüge in rockige, jazzige und gegen Ende sogar kurz beinahe metallische Gefilde, die man auf jeden Fall einmal gehört haben sollte.

In den insgesamt 53 Minuten der neuen Platte wissen RITUAL zweifelsohne zu überzeugen und musizieren mit einer Frische, Konsequenz und Ehrlichkeit, die einfach gut tut. Sie nehmen die stilistische Einordnung in den Progressive Rock auch nicht so ernst, was zur gelungenen Atmosphäre der Platte beiträgt, weil die Band niemandem etwas beweisen will, sondern den Songs den Raum gibt, den sie zur Entfaltung benötigen. Für Freunde des Folk ist „The Hemulic Voluntary Band“ ein Pflichtkauf. Progrock-Fans dürfen freilich auch reinhören und in den schönen Klangwelten von RITUAL schweben.

Wertung: 8 / 10

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