Etwas Besonderes haben sich die estnischen Folk Metaller von METSATÖLL einfallen lassen: Sie holten sich den Nationalmännerchor ihres Heimatlandes mit ins Boot, womit sie ihr Klangspektrum um ganze 54 Stimmen erweitert haben, welche unter anderem sogar schon einen Grammy gewinnen konnten. Die Werke von METSATÖLL treffen auf die des weltbekannten Komponisten Veljo Torm, zusammengefügt wurden sie von Tauro Anits, der gar einen Doktor in klassischer Musik hat.
Der erste Eindruck ist bei einer Musik-DVD ja oft der optische, und da punkten METSATÖLL schon nach wenigen Sekunden. Ein weiter Schwenk über das Publikum, das zwischen alten Burgmauern steht inklusive Waldausblick und Sonneneinfall in den Fenster, eine Band in passenden Gewändern und dahinter der sich langsam aufbauende Nationalmännerchor aus Estland, da stört das taghelle Licht die Atmosphäre zu keiner Sekunde, unterstützt sie eher noch. Beeindruckend, und das ist es auch, als der Chor zum ersten mal ein kräftiges „oohoohoo“ schmettert und dabei den einleitenden Dudelsack schnell übertönt und in den Schatten stellt, während im Publikum andächtige Stille herrscht.
Ganze 100 Minuten dauert das Konzert (die CD ist mit 73 Minuten davon ebenfalls randvoll) und über die gesamte Spielzeit mag „Curse Upon Iron“ fesseln – wenn man sich auf die Musik einlassen kann und will. Ansonsten nämlich kann man hier arge Probleme bekommen und sich schnell genervt fühlen. Man muss schon etwas für die Verbindungen aus Klassik und Metal übrig haben – auch wenn es natürlich eine völlig andere Baustelle als etwa die Metallica-Geschichte ist – damit die ganze Sache im heimischen Wohnzimmer auch wirklich funktioniert. Für einen geselligen Abend ist das freilich nichts, das sollte aber eh klar sein. Die Metal/Klassik-Mischung ist hier sehr gut gelungen, mal agiert der Chor komplett selbstständig, mal untermalt von Flöte, Dudelsack und Zither und ab und an wird sogar kräftig gerockt, wobei der Chor erst recht sehr kraftvoll und energiegeladen auftritt.
Etwas enttäuschend ist nur das Bonusmaterial. Lediglich ein 20-minütiges „Making Of“ findet man hier, wobei sich das als Mogelpackung erweist: Man findet keinerlei Infos über die Entstehung, sondern sieht nur die Musiker im Proberaum üben, sehr langweilig. Gut dagegen ist, dass man nicht nur bei diesem Bonusfilmchen englische Untertitel einblenden kann, sondern wahlweise auch beim Konzert, damit man die Ansprachen versteht.
Dass „Curse Upon Iron“ prinzipiell jedem gefallen könnte, beweisen die häufigen Schwenks ins Publikum: Von ganz jung bis ganz alt hat sich praktisch jede Generation versammelt, um den estnischen Klängen zu lauschen. Das Lauschen macht mit einer entsprechenden Ausrüstung übrigens erst recht Freude, der 5.1. Dolby Digital Klang ist schlicht perfekt, man kann es sich nicht besser vorstellen. Dem „gewöhnlichen“ Metaller ohne Faible für Neoklassik, mittelalterliche Instrumente und Weltmusik wird „Curse Upon Iron“ keineswegs zusagen, alle anderen sollten unbedingt einen Blick und ein Ohr hinein werfen.
Wertung: 8 / 10