Die Franzosen SCARVE sind vielen vor allem bekannt, weil ex-Sänger Guillaume Bideau bei Mnemic das Erbe von Michael Bogballe angenommen hat. SCARVE selbst sind in der Metal-Historie als Industrial Death/Thrash Kapelle bekannt, schafften den großen Durchbruch aber nie. 2007 nun schicken SCARVE mit teils neuer Besetzung den neuen Longplayer „The Undercurrent“ an den Start. Mit der Kampfansage „So get blown away and experience SCARVE at their best!“ klingt man selbstbewusster als je zuvor.
Im Vergleich zum Vorgängeralbum „Irradiant“ hat sich auch der Sound der Band maßgeblich verändert. Waren SCARVE 2004 sehr melodisch orientiert, so hört sich der neue Sound auf „The Undercurrent“ sehr experimentell, außergewöhnlich und abgefahren an. Abgesehen von den cleanen Refrains erinnert das Material sehr stark an die Chaos-Brüder von Meshuggah. „Endangered“ macht das sehr schnell deutlich, das Schlagzeug klingt absolut nach Tomas Haake, so manche Gitarren-Line lässt sofort den Namen Fredrik Thordendal erscheinen. Diese Beschreibung soll aber nicht bedeuten, dass SCARVE all die Elemente abkupfern, nein, so war das nicht gemeint, vielmehr spielt die Band einen ähnlichen Stil und geben dem ganzen einen eigenen Sound mit auf den Weg.
Was mir ein wenig missfällt, ist, dass man sich oft in den doch recht kompliziert angelegten Songstrukturen verläuft. „Imperceptible Armageddon“zeigt, wie es sein sollte, an diesem Song gibt es nichts auszusetzen, aber der 6-Minüter „The Plundered“ ist vor allem im Mittelteil enorm anstrengend, weil doch recht viele, unkoordiniert wirkende Elemente vorkommen und der Soundmix sehr schwammig rüber kommt. Der clean gesungene Refrain (ich nehme an, dass es sich um diesen handelt) klingt allerdings wirklich sagenhaft – wobei der hämmernde Double Bass im Hintergrund der Atmosphäre etwas schadet. Vom Gesang her merke ich kaum Unterschiede zum Vorgängeralbum, es kommen tiefe Shouts und Growls genau so vor, wie cleaner, hoher Gesang, Lawrence Mackrory dürfte den Weggang von Guillaume gut ersetzen. Die Produktion des Albums ist allgemein gut, mir scheint es aber, als wären Bass und Schlagzeug schon über dem normal üblichen Anschlag abgemischt worden – soll heißen, dass man hier schon teils deutliche Zeichen eines Overrides hört, was sich oft in verzerrtem Sound bemerkbar macht. Auch bei „Assuming Self“ wünsche ich mir einen etwas klarer abgemischten Tiefton-Bereich, so klingt das doch recht unklar und matschig, obwohl der Song doch interessant wirkt. Verträumte Klänge und im Hintergrund wird der Stereo-Effekt klug zur Schau gebracht (ihr wisst schon, dieses Wechseln zwischen Links und Rechts). Bei allen Vorteilen und interessanten Aspekten eines solchen Albums, bei „The Undercurrent“ fehlen mir die einfachen Groove-Elemente, kaum gibt es Stellen, an denen man das Verlangen hätte, im Takt mit zu nicken, wenn ihr wisst was ich meine – Headbangers no go! „Rebirth“ als letzter Track ist einer der einfacher anzuhörenden und kommt lange Strecken ohne diese Anhäufung an Eindrücken aus, mache mögen das als unstimmig und etwas langweilig empfinden, ich betrachte es als kleine Entspannung die in der Mitte der CD sicherlich auch nicht hätte schaden können.
Verrückte Takte, Polyrhythmik, viele Information an einem Zeitpunkt – ich denke, das beschreibt das neue Werk von SCARVE recht zutreffend. Im Vergleich zum Vorgänger „Irradiant“ wird auf „The Undercurrent“ wirklich hart zu knackendes Material geliefert, an manchen Stellen regiert heilloses Durcheinander mit einem Fünkchen System dahinter, andere Stellen sind nachvollziehbar und bilden ein interessantes Klangbild. Man könnte fast sagen, dass SCARVE es an manchen Stellen übertreiben, deswegen auch eine zurückhaltende Wertung – hier muss jeder für sich ganz alleine entscheiden, ob ihm dieser Mix noch zusagt oder nicht. Von Genialität sind wir allerdings weit entfernt.
Wertung: 7 / 10