Review Saga – Worlds Apart Revisited (Live)

Waren in den ersten 20 Jahren ihrer Bandgeschichte Livealben eher Mangelware, halten die kanadischen MelodicProgger SAGA seit Ende der 90er nun verhäuft Konzerte für die Nachwelt fest. 1982 erschien die erste Liveplatte der Band, „In Transit“. Sie war damals die allererste digital aufgenommene Platte überhaupt, was ihren Sound noch bis heute frisch erscheinen lässt. 1998 folgte zum 20-jährigen Jubiläum die Doppel-Live-CD „Detours“. 2002 zeichnete man in Bonn anlässlich des 25-jährigen Bandbestehens die halbgare DVD „All Areas“ auf, die 2004 erschien. Ein Jahr später veröffentlichte die Band „Chapters Live“, auf dem sie die Konzeptstory der Chapters, die über viele Alben verteilt worden war (für nähere Informationen dazu lese man meine „Chapters Live“-Rezension), erstmals an einem Stück live darboten. Sowohl „Detours“ als auch „Chapters Live“ sind dabei tolle Alben mit gelungenen Konzerten, leiden aber unter einem teilweise eher durchschnittlichen Sound.

2005 entschlossen sich Kanadier, eine DVD und eine Live-CD ihres Erfolgsalbums „Worlds Apart“ zu veröffentlichen und setzten dafür im Dezember eine kleine Weihnachtstour mit ihrem neuen Drummer Brian Doerner an. „Worlds Apart Revisited“ dokumentiert auf zwei CDs nun den Konzertabend in Prattelner Z7 in der Schweiz, bei dem die Band unter anderem eben „Worlds Apart“ in Gänze dargeboten hat und ist vermutlich das erste Livealbum in mittlerweile 30 Jahren Bandgeschichte, das die Magie und Power eines SAGA-Konzertes perfekt einfängt.

SAGAs natürlicher Lebensraum ist die Bühne, nirgendswo fühlen sie sich wohler als dort. Endlich kommt das auch vollends zum Ausdruck. Bereits die Setlist ist absolut brillant: Neben den üblichen SAGA-Klassikern wie „You’re Not Alone“, „Humble Stance“ oder „Don’t Be Late“ sowie natürlich den Singlehits der „World’s Apart“, also „On The Loose“ und „Wind Him Up“, gibt es auch einige Stücke zu hören, die eher selten ihren Weg in das feste Best-Of-Programm der Band finden. Da wären zum Beispiel der genial-verspielte Opener „The Pitchman“, das sich anschließende, vergessene Juwel „Give ‚Em The Money“ vom Debütalbum, sowie das atmosphärische, geheimnisvolle „Ice Nice“. Songs aus einer Zeit, in der SAGA noch hundert Prozent Progressive Rock gespielt haben. Aber auch neuere Songs wie „The Runaway“ oder „Keep It Reel“ haben es neben „We’ve Been Here Before“ (vom 1987er Album „Wildest Dreams“) in die Setlist geschafft. Insbesondere „We’ve Been Here Before“ gewinnt hier gegenüber der eher schwachen Studioversion.

Hinzu kommt, dass die Band sich unheimlich spielfreudig präsentiert und das Publikum allererste Sahne ist! Michael Sadler kann seine gewohnten Spielchen mit den Zuhörern halten – ihm wird dabei ein ums andere Mal die Rolle des Sängers vom lautstarken Publikum abgenommen. Absolut fantastisch! Er ist schlichtweg einer der besten Rocksänger dieser Erde und vom SAGA-Sound nicht wegzudenken. Auch der Rest der Truppe präsentiert sich wie gewohnt in Topform, auffällig ist allerdings, wie präzise und grandios hier Neuzugang Brian Doerner an den Drums seine Arbeit verrichtet. Es war seine erste Tour mit SAGA, und ich kann mich noch gut erinnern, wie viel er zu der Power der Show durch sein energiegeladenes Drumming beigetragen hat, ich war damals regelrecht weggeblasen. Ian Crichton an der Gitarre schmeißt einen absolut fetten Sound, während Jim Crichton geile Synthiebässe beisteuert oder auch mal zu echtem Bass greift und Jim Gilmour flitzefingerartige Soli abzieht oder sanfte Flächensounds aus seinen acht (!!) Korg-Synthies holt. All das erstrahlt dabei in einem solch druckvollen Edelsound, dass selbst die älteren Songs wie frisch aus dem Studio klingen. In der Tat ist „Worlds Apart Revited“ soundtechnisch mit „Live At Last“ von Enchant eines der besten Livealben, das ich kenne. Das gelungene Artwork, dass eine Brücke schlägt zwischen dem europäischen und dem amerikanischen Cover der „Worlds Apart“ Studioversion, rundet ein perfektes Livewerk ab.

Im Januar 2007 gab Michael Sadler seinen Rücktritt von SAGA aus persönlichen Gründen bekannt. Er möchte seine langjährige Freundin heiraten und ein Kind mit ihr bekommen. Unter Fans ist bereits klar, dass das faktische Ende von SAGA sein wird, da SAGA ohne Michael Sadler mindestens ebenso undenkbar sind wie Queen ohne Freddy Mercury. Die Band hingegen hat sich noch nicht klar geäußert, wie es weitergehen soll. In einem Radiointerview sprach Gitarrist Ian Crichton davon, dass man derzeit überlege, ob man ohne Michael Sadler und mit neuem Sänger unter neuem Namen weitermachen solle. Er sprich dort auch davon, dass Michael Sadler „nur eine Pause“ machen wolle. Fest steht jedoch, dass es eine ausführliche Abschiedstournee vom Oktober bis Dezember 2007 geben wird und vermutlich auch ein letztes Album mit Michael Sadler als Sänger, das vor der Tour, im September, rauskommen soll.Was auch immer die Zukunft für die kanadischen Rocker bringen wird, „Worlds Apart Revisited“ ist das langerwartete, absolut perfekte Livedokument und ein wundervolles (Abschieds-)Geschenk an die Fans. Neben der Doppel-CD wird es wie oben erwähnt eine Doppel-DVD mit dem Konzert in Pratteln sowie Livetracks von 1981, Interviews und Dokumentationen zu „Worlds Apart“ geben. Außerdem veröffentlich InsideOut wieder eine Limited Edition mit beiden DVDs und CDs. Für SAGA-Fans absolutes Pflichtprogramm. Und ich bin mir sicher: The Saga goes on….

Publiziert am 6. April 2013 von Sebastian Mack