Review Intense – As Our Army Grows

Mit den Promos ist es ja immer so eine Sache: Entweder bekommt man schönes Material vom Chef, oder man wird mit ziemlichem Murks oder durch und durch mittelmäßigem Material „beschenkt“. Auf die im zweiten Falle gestellte Frage „Warum gerade ich?!“ kann die Antwort dann nur lauten: „Die Wege des Popps sind unergründlich.“ Was sollte mich nun dieses Mal erwarten? Der Beipackzettel kündet von „amerikanisch geprägtem Power Metal, beeinflusst von Bands wie Iced Earth und Nevermore“. Klingt doch gut, zählen erstere doch zu meinen Lieblingsbands; auch das wenige, das ich bisher von Nevermore gehört habe, wusste zu gefallen. Kurz zur Band: INTENSE veröffentlichten bisher nur eine EP in Eigenproduktion und ein Album, das nur in Frankreich und den USA vertrieben wurde; zweiteres ist nun schon drei Jahre her, es wurde also mal wieder Zeit für die Briten.

So, jetzt aber zur Musik. Hey, was ist das denn? Hat mir da einer neues Material von Iced Earth untergejubelt?! Freude! Tatsächlich klingt das erste Lied verdammt nach dem kalten Erdreich: Orientalisch anmutendes Gitarrenriff, Doublebass und der Gesang ähnelt verblüffend dem von Jon Schaffer bei „Stormrider“, zumindest am Anfang. Selbst das Gitarrensolo könnte von selbigem stammen! Insgesamt ist „Anger Of The Ancients“ ein wirklich guter Anfang, auch wenn man die Eigenständigkeit hier mit der Lupe suchen muss und Herrn Hetheringtons Gesang irgendwie nicht so richtig variabel ist. Er klingt zwar stellenweise wie Jon Schaffer, erreicht aber nie die Brillanz von Matt Barlow oder Tim Owens und kommt auf Dauer eher eintönig daher.

Wer jetzt meckern möchte: „Hey, hier geht’s doch um INTENSE und nicht um Iced Earth!“, dem sei gesagt, dass hier an allen Ecken und Enden abgekupfert wird, dass die Schwarte kracht. Der komplette erste Song erinnert frappierend an das (offensichtliche) große Vorbild, und überhaupt klingt man überhaupt sehr viel nach anderen Bands. Das muss ja nichts Schlechtes sein, aber wenn, dann bitte richtig. Der Titeltrack mutet an wie eine Mischung aus Metalium und Nocturnal Rites, andere Lieder erinnern wieder ein wenig an Nostradameus, aber eigenständig ist das alles irgendwie nicht.Das wäre ja alles kein (zumindest kein besonders schmerzhafter) Beinbruch, aber eines zieht sich durch die Lieder wie ein roter Faden: Der Gesang von Sean Hetherington. Über die Dauer des ersten Liedes war er durchaus annehmbar und passte auch gut zum Lied, aber je länger ich mir das Album anhöre, desto saurer stößt er mir auf, denn mit der Zeit wird er aufgrund der immer gleichen Tonlage einfach nur zum Erbrechen langweilig, und versucht der Herr dann einmal gefühlvoll zu singen (höre „Insanity’s Call“), wird’s noch eine Spur lahmer, denn Hetherington schafft es einfach nicht, Emotionen überzeugend rüberzubringen. Insgesamt kann man ihn leider mit „Karaokesänger, der zwar die Töne trifft, aber keinerlei Gesangstechnik beherrscht“, ganz gut umschreiben.

Tja, mit dem Gesang können INTENSE also schon mal nicht punkten. Dafür bringt die Instrumentenfraktion eine solide Leistung, wenn auch beileibe keine außergewöhnliche. Die große Crux neben dem Gesang ist das leider sehr uninspirierte Songwriting. Der aufmerksame Leser sollte schon mitbekommen haben, dass INTENSE in meinen Ohren an einen Haufen anderer Bands erinnern, und das führt dazu, dass die Lieder alle schlichtweg altbekannt sowie durch und durch gewöhnlich klingen, daran kann auch der Frauengesang bei „Temptress“ (nerviger Refrain, erinnert mich schrecklich an Norway) nichts ändern, ebenso wenig wie die in den letzten drei Liedern (die im Übrigen eine in sich geschlossene Trilogie bilden) eingestreuten Sprachpassagen. Ach ja, erwähnte ich schon das Keyboard? Meistens ist dieses zwar angenehm in den Hintergrund gemischt, kommt es jedoch zum Vorschein, ist es entweder nervig („Temptress“) oder so simpel, dass man für’s Einspielen auch einen Affen vors Keyboard hätte setzen können („You Die Today“).

Das mag zwar jetzt vielleicht merkwürdig klingen, aber das Album hätte mir besser gefallen, wenn INTENSE durchgängig wie im Opener Iced Earth kopiert hätten, denn eben jener ist mein Favorit auf „As Our Army Grows“ und wirklich ein klasse Teil. Der Rest aber ist derartig austauschbar, dass ich da dann doch lieber zu den Bands greife, die das schon früher und vor allem mit besserem Gesang brachten. Insgesamt kann ich hier nur eine absolut durchschnittliche Bewertung für ein absolut durchschnittliches Album springen lassen, mit leichten Abzügen für den eintönigen Gesang und leichten Boni für die knackige Produktion und die dann doch ganz guten Spracheinspielungen in den letzten drei Titeln (auch wenn das mehr als nur ein wenig nach Queensrÿche klingt). Ich kann der Band nur wünschen, dass sie in Zukunft ein paar kreative und vor allem eigenständige Einfälle hat und ihr Sänger vielleicht noch ein paar tolle Tricks lernt.

Wertung: 4.5 / 10

Geschrieben am 6. April 2013 von Metal1.info

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